"Garantie für Pressefreiheit"
"Wir wollen De Bortoli zurückhaben, der eine Garantie für Pressefreiheit ist", liest man in einigen E-Mails, die in die Redaktion eintrafen. "Wir werden keinen 'Corriere' unter Berlusconi-Kontrolle mehr lesen", schrieben manche Leser. Aus Solidarität mit Chefredakteur De Bortoli wollen sich die italienischen Journalisten dem Streik der "Corriere"-Kollegen am Freitag anschließen.
Divergenzen
Tief greifende Divergenzen zwischen dem Hauptaktionär der Tageszeitung, der Verlagsgruppe RCS, und De Bortoli über die Zukunft des Mailänder Blattes seien die Ursache der Demission, hieß es in gut informierten Kreisen. Die Opposition bemängelte, dass De Bortoli zurücktreten musste, nachdem der Druck der Aktionäre wegen seiner oft regierungskritischen Linie zu stark geworden sei. De Bortoli wurde durch Stefano Folli ersetzt, der seit Jahren politischer Kommentator der Zeitung ist.
Berlusconi dementiert Einflussnahme
Ministerpräsident Berlusconi bestritt am Wochenende, dass er Drahtzieher des Wechsels an der Spitze der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" sei. "Ich kann garantieren, dass ich keineswegs den Wechsel an der Spitze der Zeitung beeinflusst habe", so Berlusconi. Telekommunikationsminister Maurizio Gasparri kritisierte den Beschluss der Journalisten, am Freitag in Streik zu treten, um vor den Gefahren für die Medienfreiheit in Italien zu warnen. "Es handelt sich um einen puren politischen Streik gegen die Regierung Berlusconi", so Gasparri.
RAI vs. Mediaset
Das Thema Medienfreiheit beherrscht die Debatte in einem Land, in dem der Regierungschef die stärkste private TV-Gruppe, sowie mehrere Tageszeitungen und Zeitschriften besitzt. Die seit zwei Monaten amtierende Präsidentin des Staatsfernsehens RAI, Lucia Annunziata, warnte vor einer "Verarmung" der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt, in der die politischen Konflikte eskalieren. Die RAI habe bereits mehrere Starmoderatoren verloren, die Gefahr sei, dass das Staatsfernsehen im Konkurrenzkampf gegen den Rivalen Mediaset unter Kontrolle Berlusconis weitere Verluste hinnehmen müsse.