Wien - "Die Vorfälle waren nicht auf Einzelpersonen beschränkt, sie sind verhältnismäßig breitflächig aufgetreten", kommentiert Rudolf Gollia, Pressesprecher des Innenministeriums, den nun aufgedeckten Frächterskandal. Jahrzehntelang sollen Spediteure Landesbeamte und Exekutive bestochen haben, um Schwertransporte schneller durchführen zu können. Mindestens 400.000 Euro sollen so die Besitzer gewechselt haben.

Seit Anfang Jänner ermittelte die "SoKo Maut" des "Büro für interne Angelegenheiten" (BIA) in der Sache. Ins Rollen gekommen war die Affäre nach der Beschwerde eines Frächters - die allerdings gar nichts mit der Korruption zu tun hatte, wie BIA-Leiter Martin Kreutner erklärt. Man stieß auf Unregelmäßigkeiten, genauere Recherchen machten dann das Ausmaß klar: Mindestens 50 Beamte und ebenso viele Frächter aus fast ganz Österreich sollen verwickelt sein.

Mehrere Ebenen "Das Ganze lief auf mehreren Ebenen ab", schildert Kreutner. "Schwertransporte bekommen von der jeweiligen Landesstelle einen Bescheid mit sehr genauen Auflagen, etwa was den Zeitrahmen betrifft. Die unmittelbare Durchführung der Transporte selbst muss dann von der Exekutive kontrolliert werden."

Auf beiden Ebenen floss nach dem bisherigen Ermittlungsstand offensichtlich das Schmiergeld. Die Landesbeamten besorgten gegen entsprechende Zuwendungen den Bescheid rascher, die Gendarmen und Polizisten drückten gegen Entgelt die Augen zu, wenn der Transport früher als erlaubt losfuhr.

"Der Regelbetrag lag zwischen 100 und 500 Schilling, es gab aber auch deutlich höhere Zuwendungen und Sachleistungen", erläutert der BIA-Leiter. "Wir reden hier nicht einfach von Trinkgeldern, sondern von systematischen Geschenkannahmen", verdeutlicht Kreutner.

Prüfung geht weiter Die Zahl der Betroffenen und die Schadenssumme könnte noch weiter anwachsen, glauben die Ermittler. Denn mindestens bis zum Sommer soll weiter geprüft werden, schließlich soll die Praxis schon seit 25 Jahren bestehen. "Ich glaube nicht, das die Causa schon abgeschlossen ist", schätzt daher Pressesprecher Gollia.

Die schmierenden Frächter sind in ganz Österreich zu finden, bei den Beamten haben nur jene in Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg saubere Hände. Die Anzeigen werden bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten erstattet, ein Behördensprecher geht dort allerdings davon aus, dass die Causa aufgrund ihres Umfangs auf regionale Gerichte verteilt und verhandelt wird. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe 31.5.2003)