
Oben in Skandinavien war klar, dass sich das durchsetzen wird, was Carlo Guzzi da ersonnen, und wofür er so viel Vorab-Prügel bekommen hat: die Hinterradfederung. Bis dahin haben nur die Sattelfedern die Unebenheiten der damals mehr als schlechten Straßen gedämpft. Die wilde Schauklerei, die einen vom Moped wirft als reite man einen Mustang auf Maschierpulver, war aber keine solche. Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, als normaler Sonntagsfahrer.
Am Eingang der Kurve, Ende Start-Ziel-Gerade, erinnert sich dann aber doch der eine oder andere an den alten Guzzi. Eine kleine Welle in der Bremszone, eine Schrecksekunde am Anker, und die Fuhr poltert wie ein Presslufthammer ins Kiesbett. Dem eingedenk hat sich Honda für die 2012 Fireblade nicht allzu lange mit dem Motor aufgehalten - lediglich das Programmed Dual Sequential Fuel Injection System, das PGM-DSFI wurde neu eingestellt, damit es auch bei nur gering geöffneten Drosselklappen sauberer arbeitet.

Ihr Hauptaugenmerk lenkten die Honda-Ingenieure bei der CBR1000RR auf das Fahrwerk. Statt des üblichen Einrohr-Designs sorgt nun ein Doppelrohr-Stoßdämpfer für den Bodenkontakt des Hinterrades. "Balanced Free Rear Cushion" heißt das im Fachsprech. Showa hat diesen Stoßdämpfer entwickelt, dessen Kolben ohne Ventile auskommen, weil das Öl durch eine eigene Dämpfungskomponente gedrückt wird. Dadurch, sagt Honda, spricht der Dämpfer schneller und sanfter an.
Beim 8-Stunden-Rennen von Suzuka wurde das neue Zauberteil schon erfolgreich eingesetzt. In der japanischen Straßenmeisterschaft hat sich Honda damit bereits den Meisterschaftstitel 2010 geholt. Damit die Lorbeeren aus dem Rennsport vom Normalo- bis hin zum Rennstrecken-Heizer greifbar sind, sitzt die Einheit zum Einstellen des Dämpfers gut zugänglich links an der Oberseite. Weil bringt ja auch nix, wenn du dir beim Einstellen der besten Hinterbocktraktion alle Finger brichst – und dann erst wieder auf der Bremse nix zusammenbringst.
In der Vordergabel tut sich auch was: Dort werkt jetzt ein Big Piston in einer 43 Millimeter starken Upside-Down-Teleskopgabel. Durch das System soll der hydraulische Druck bei der Kompression und Entspannung der Gabel deutlich reduziert werden, was eine sanftere Dämpfung zur Folge hat. Am meisten bringt das natürlich wieder auf der Bremse, weil das Vorderrad auch beim schweren Einankern stabil bliebt.

Diese Stabilität unterstützen zudem die neuen 12-Speichen-Räder. Also nicht, dass ich gemerkt hätte, wie sich die 3-Speichen-Radln verformt hätten, ohne dass man sie gegen ein Haus, Auto oder einen Stein wirft – aber wenn es Honda sagt. Logisch klingt jedenfalls, dass die drehende Masse an die neue Dämpfung angepasst werden muss, um ein ideales Ergebnis zu erzielen.
Optisch sind die Räder jedenfalls der Wahnsinn, auch wenn man hinter den mächtigen Bremsscheiben davon eh kaum etwas sieht. Was man aber sofort erkennt, sind die kleinen Retuschen, die Honda an der Verkleidung gemacht hat. Um einen schönen Luftpolster um den Fahrer bilden zu können, ist die neue Verkleidung zweilagig ausgeführt – der vertikale Spalt in der Seitenverkleidung bleibt aber erhalten.

Getan hat sich auch einiges beim Mäusekino. Die Blade bekommt ein LCD-Multifunktionsdisplay mit Ganganzeige, digitalem Drehzahlmesser, und Laptimer. Mit vier Anzeigenmodi für die Drehzahl will Honda jedem Fahrer das richtige Werkzeug bieten. Damit man auch schon aus dem Augenwinkel sieht, was motorisch los ist – weil auch trotz neuer Dämpfer: Ein bisserl schauen muss man schon, wo man hinfährt, weil spätestens im Kiesbett wird es dann doch wieder ruppig.
Honda CBR1000RR
Motor: 4 Zylinder-Reihenmotor, 16 Ventile
Hubraum: 999,8 ccm
Leistung: 131 kW bei 12.000 U/min
Drehmoment: 112 Nm bei 8.500 U/min
Endantrieb: Kette
Radaufhängung vorne: 43 mm Big-Piston-USD-Gabel
Radaufhängung hinten: Balance Free Rear Cushion
Bremse vorne: Doppelscheibenbremse, Ø 320 mm, 4-Kolben
Bremse hinten: Scheibenbremse, Ø 220 mm, 1-Kolben
Reifen vorne: 120/70 ZR17
Reifen hinten: 190/50 ZR17
Gewicht vollgetankt: 200 kg
Sitzhöhe: 820 mm