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Die Überlebenschancen bei Krebs hängen am deutlichsten von der Organisation der Betreuung, vom Screening bei Gesunden und von der Versorgung mit Therapeutika ab.
Stockholm - Die Rechnung ist relativ einfach: In Staaten, in denen es einen guten Zugang zu Krebsmedikamenten gibt, sind die Mortalitätsraten durch bösartige Erkrankungen geringer. "Im Europäischen Vergleich gehört Österreich hier in beiden Belangen zur Spitzengruppe", sagte der schwedische Experte Nils Wilking am Rande des Europäischen Krebskongresses EMCC von 23. bis 27. September in Stockholm.
Anstieg der Krebserkrankungen
Wilking analysiert gemeinsam mit Kollegen von der Stockholm School of Economics seit Jahren den weltweiten Einsatz von Krebstherapeutika. Im Gegensatz zu vielen Theoretikern auf diesem Gebiet ist er Onkologe, arbeitet auch als Gesundheitsökonom am Karolinska Institut in Stockholm und ist leitender Strategieberater für den Bereich Krebs und Hämatologie für die Gesundheitsversorgungsregion Südschweden. Der Fachmann: "Wir sehen wegen der demografischen Entwicklung natürlich einen Anstieg der Krebserkrankungen. In der EU verursachen sie einen Verlust von 16,7 Prozent aller krankheitsbedingten Defizite an gesunder Lebenszeit. Aber am schnellsten entwickelt sich die Problematik in den ärmsten Staaten."
Eklatante Unterschiede bei Krebs-Überlebensdaten
Die neusten Krebs-Überlebensdaten zeigen, dass es auch innerhalb der am höchsten entwickelten Staaten Europas deutliche Unterschiede gibt. Zwischen 2005 und 2007 betrug die Fünf-Jahres-Überlebensrate für Brustkrebspatientinnen in Schweden 88,5 Prozent, in Großbritannien 81,6 Prozent. Bei Dickdarm- und Enddarmkrebs überlebten in Schweden 62,6 Prozent der Patienten zumindest fünf Jahre, in Großbritannien waren es nur 53,6 Prozent. Eklatant die Situation beim häufigsten Lungenkarzinom (nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom/NSCLC): Patienten mit der meist zu spät für eine heilende Therapie entdeckten Erkrankung überlebten in Schweden zu 16,3 Prozent fünf Jahre, in Großbritannien nur 8,8 Prozent.
Unterschiedlich hohe Therapie-Investments
Für Wilking sind diese im Dezember 2010 publizierten Daten der klare Effekt unterschiedlich hoher Investments in die Therapie: "Österreich wendet mit Schweden, Norwegen, Frankreich, Deutschland, der Schweiz und Luxemburg an direkten Kosten pro Einwohner und Jahr für Krebs mehr als 200 Euro auf." Großbritannien liegt mit 100 bis 150 Euro im Mittelfeld, Bulgarien, Rumänien und Polen kommen - mit den baltischen Staaten - nur auf unter 50 Euro pro Einwohner.
Früherkennung
Die Überlebenschancen bei Krebs hängen - so der Experte - am deutlichsten von der Organisation der Betreuung, vom Screening bei Gesunden und von der Versorgung mit Therapeutika ab. Der Fachmann präsentierte eine Analyse der Entwicklung in Norwegen: Zwischen 1965 und 2005 stieg die Fünf-Jahres-Überlebensrate von Brustkrebspatientinnen mit Diagnose im Frühstadium von etwa 82 auf 95 Prozent, im Stadium II erhöhte sie sich von etwas mehr als 55 Prozent auf mehr als 85 Prozent, im Stadium III von 37 auf 66 Prozent, im Stadium IV (Fernmetastasen) blieb sie bei jeweils knapp unter 20 Prozent.
Wilking: "Die Verbesserung bei Brustkrebs im Frühstadium ist vor allem auf die Einführung des Mammakarzinom-Screenings zurückzuführen. Man hat gesagt, dass das Screening etwa die Hälfte der Erhöhung der Überlebensraten ausgemacht hat. Mittlerweile rechnet man mit einem Drittel. Der Anteil des Beitrags der Krebsmedikamente ist auf zwei Drittel gestiegen." Das wirkt sich offenbar speziell bei Diagnose von Brustkrebs im Stadium II und III aus. (APA)