Wien - Lehrlinge werden in Österreichs Betrieben häufig zu Überstunden herangezogen, wobei diese Mehrarbeit manchmal auch unfreiwillig und unbezahlt geleistet werden muss. Dies geht aus einer von der Gewerkschaft gpa-djp durchgeführten Umfrage bei Lehrlingen im Handel hervor, über die das "WirtschaftsBlatt" heute Montag berichtet. Bei der Umfrage nahmen über 1.600 Lehrlinge über einen Fragebögen teil.
Überstunden trotz Verbot
Demnach gaben 68 Prozent der befragten Lehrlinge an, bereits Überstunden geleistet zu haben, 60 Prozent davon mussten diese unfreiwillig leisten und knapp ein Viertel davon bekam dafür nichts bezahlt. Von den Lehrlingen, die Überstunden gearbeitet haben, waren 13 Prozent jünger als 18 Jahre - obwohl unter 18 Jahren Überstunden verboten sind, so die Gewerkschaft.
Auch bei der Samstags-Regelung gibt es Übertretungen: 21,8 Prozent geben an, an mehr als zwei Samstagen im Monat nach 13 Uhr arbeiten zu müssen, was nicht erlaubt ist. 73,1 Prozent der Befragten hätten an diesen Tagen lieber frei. Fast alle der befragten Lehrlinge, nämlich 97,2 Prozent, wollen am Sonntag einen arbeitsfreien Tag haben. Müssten sie trotzdem arbeiten, so würde mehr als jeder zweite (57,6 Prozent) den Beruf wechseln.
Trotz Krankheit in der Arbeit
Auch Urlaub und Krankenstand sind heikle Themen: Demnach meinen 34,5 Prozent der Lehrlinge, ihr Chef vermittle ihnen, dass sie trotz Krankheit zur Arbeit kommen sollten. 34,1 Prozent müssten um die Einteilung ihres Urlaubs nach ihren Vorstellungen kämpfen. Die Angst um den Ausbildungsplatz ist groß: Jeder vierte fürchtet, seine Lehrstelle zu verlieren. Jeder zweite arbeite nicht in seinem Wunschberuf.
Gewerkschaft: "Qualität steigern"
Für gpa-djp Bundesjugendsekretär Helmut Gotthartsleitner ist die Umfrage ein Signal, dass die Ausbildungsqualität gesteigert werden müsse. Viele Lehrlinge würden berichten, dass sie nur im ersten Jahr ausgebildet werden und die restliche Zeit zur geringen Lehrlingsentschädigung wie ein ausgebildeter Arbeitnehmer mitarbeiten müssten. "Das Berufsbild Lehrling muss weiter ausgebildet werden", fordert Gotthartsleitner.
Staatliche Förderung an Qualität koppeln
Der Gewerkschafter kritisiert, dass die Beschwerden über angeblich schlechte Leistungen der Jugendlichen zunähmen, aber die Betriebe selber nichts in Qualität bei der Ausbildung investieren wollten. Durch die Überstunden und Samstagsarbeit entstehe bei den Lehrlingen großer Arbeitsdruck, was auch nicht zur Qualität beitrage. Die staatliche Lehrstellenförderung sollte daher an Qualitätsstandards bei der Lehrlingsausbildung gekoppelt werden.
Man könne nicht ausschließen, dass es einige Betriebe gebe die sich nicht an die Regeln halten, so Martina Großinger, Referentin für Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer (WKÖ) zum "WirtschaftsBlatt". Sie gehe aber davon aus, dass sich die Mehrheit der Mitglieder an die Regeln halte. Es gebe kaum Beschwerden. (APA)