Wer der kommende russische Präsident sein wird, scheint schon festzustehen. Wladimir Putin, bisher Ministerpräsident, wird im März kommenden Jahres bei den Präsidentschaftswahlen antreten und diese aller Voraussicht nach auch gewinnen. Die Legislaturperiode für das höchste Amt im Staat wurde von bisher vier auf sechs Jahre verlängert. Zwei aufeinander folgende Amtsperioden sind möglich. Das könnte, die entsprechende Unterstützung der Wähler vorausgesetzt, bedeuten, dass Putin bis 2024 im Amt bleibt.
Zwei gegen Einen
Trotz der geringen Chancen auf Erfolg gibt es einige Oppositionelle, die "Putlandia" - wie die Boulevardzeitung "Moskowskij Komsomolez" Russland am Tag nach dem Parteitag nennt - trotzen: So will der Chef der russischen Kommunisten Gennadi Sjuganow für das Präsidentenamt kandidieren. Die Kommunisten sind mit 57 von 450 Sitzen in der Duma die zweitstärkste Fraktion im russischen Parlament. Auch Wladimir Schirinowski, der Chef der nationalistischen "Liberaldemokratischen Partei", die mit 40 Sitzen in der Duma vertreten ist, will erneut antreten. Das kremltreue „Bündnis geeintes Russland", die vierte in der Duma vertretene Partei, hat sich noch nicht entschieden, ob und wenn ja, wen sie als Kandidaten aufstellen wollen.
Russischer Wahlkampf
Noch haben sich erst diese beiden Kandidaten auf ihr Antreten im kommenden Jahr festglegt. „Die Teilnahme einiger anderer wird von ihrem Ergebnis bei den Duma-Wahlen im Dezember abhängen", erklärt der Politikwissenschafter Gerhard Mangott im Gespräch mit derStandard.at. Grundsätzlich läuft der Wahlkampf in Russland mit eigenen Regeln. So lehnten die Vertreter der Putin-Partei "Geeintes Russland" bei den Parlamentswahlen vor vier Jahren ab, sich an TV-Diskussionen mit ihren Herausforderern zu beteiligen. Auch die mediale Aufmerksamkeit ist ungleich verteilt: Jeder Partei steht eine bestimmte Minutenanzahl an Gratiswerbung im Staatsfernsehen zu. Allerdings ist nicht gesagt, zu welcher Uhrzeit diese ausgestrahlt werden muss. Werbung für Oppositionsparteien geht eher zu Unzeiten als zur Primetime über den Äther.
Kein Strom oder die Feuerwehr kommt
Neben der nachteiligen Berichterstattung haben Oppositionskandidaten auch mit anderen Widerständen zu kämpfen. Bei Wahlveranstaltungen in den Provinzen ist es keine Seltenheit, dass gleichzeitig ein Rockkonzert der kremltreuen Jugend die Kundgebung übertönt, erzählt Mangott. Auch Stromausfälle, verschlossene Saaltüren oder Feuerwehralarm passieren eher dann, wenn die Opposition eine Veranstaltung abhält. „Medwedew und Putin haben aber auch eine authentische Popularität, die nur zum Teil über die positiven Meldungen erklärbar ist. Ihre Wahlerfolge hängen aber auch daran, dass man nichts Positives über andere erfährt."
Neues Bündnis kandidiert vermutlich nicht
Auch das im Vorjahr neu formierte Bündnis Parnas - "Für ein Russland ohne Willkür und Korruption" - möchte eventuell bei den Präsidentschaftswahlen mitmischen. Namhafte Politiker der liberalen Opposition wie Boris Nemzow, Michail Kasjanow, Wladimir Milow und Wladimir Ryschkow sind die führenden Köpfe dieses Bündnisses. Parnas will allerdings nur dann einen Präsidentschaftskandidaten nominieren, wenn vorher die Bedingung fällt, zwei Millionen Unterstützungserklärungen sammeln zu müssen. Nur in der Duma vertretene Parteien brauchen diese Unterstützungserklärungen nicht vorzuweisen, um einen Kandidaten zu nominieren. Die Umsetzung dieser Forderung ist wenig wahrscheinlich. "Parnas wird sich möglicherweise auf die Position zurückziehen, dass sie eine eigene Kandidatur ablehnen, weil sie sich nicht an dieser Farce beteiligen wollen", sagt Mangott.
Bei dieser Ausgangslage hat Putin den Wahlsieg scheinbar schon in der Tasche. Fraglich ist nur mehr die Höhe der Wahlbeteiligung. Die Mobilisierung der Wähler wird in den kommenden Monaten Putins Spin-Doktoren eher beschäftigen als die Auseinandersetzung mit den politischen Gegnern. (derStandard.at, 26.9.2011)