Bild nicht mehr verfügbar.
"Unsere Stellungnahmen sind bei allen Parteien bekannt. Wir haben auf alle Parteien Druck ausgeübt."
Der Gewerkschaftsbund will nicht mit gewerblichen Lobbyisten in einen Topf geworfen werden. Bernhard Achitz, Leitender Sekretär im ÖGB, sagt im Interview mit derStandard.at: "Die Sozialpartner haben nicht den geringsten Anlass gegeben, dass sie auch nur in einem Atemzug mit denen genannt werden, die schuld daran sind, dass wir ein Lobbyistengesetz brauchen."
Achitz will, solange politische Verhandlungen über das Lobbyisten-Gesetz laufen, weiter Druck ausüben. Die Wünsche der Gewerkschaft seien keine "Extrawürste".
****
derStandard.at: "Die gesetzlichen Interessensvertretungen müssen raus", hat SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter gestern in Bezug auf das neue Lobbyisten-Gesetz gesagt. Warum sollen die Gewerkschaften, die Sozialpartner nicht ins Lobbyistenregister aufgenommen werden?
Achitz: Weil die Sozialpartner keine Lobbyisten sind. Wir vertreten nicht heute diese und morgen jene Meinung und nicht für Geld heute das eine und morgen das Gegenteil. Wir haben eine demokratische Meinungsbildung, die Kammern sind überhaupt streng gesetzlich geregelt, streng gesetzlich geprüft. Da gibt es bereits eigene Gesetze, wo drinnen steht, was wir zu tun und zu lassen haben. Die Sozialpartnerschaft in Österreich ist institutionalisiert, der ÖGB hat bestimmte Rechte und Pflichten aufgrund von Gesetzen, und wir haben dabei nicht nur die Interessen der Mitglieder zu vertreten sondern auch gesamtpolitische Interessen wahrzunehmen. Daher sind wir etwas anderes als Lobbyisten und wehren uns gerade jetzt, mit ihnen in einen Topf geworfen zu werden.
derStandard.at: Was wäre so schlimm, wenn Sie auch ins Register aufgenommen werden?
Achitz: Erstens ist es ein neuer bürokratischer Aufwand. Zweites gibt es schon gesetzliche Regeln. Es wäre außerdem eine schlechte Signalwirkung, denn das Lobbyistengesetz ist eine Anlassgesetzgebung aufgrund bestimmter Vorfälle. Die Sozialpartner haben nicht den geringsten Anlass gegeben, dass sie auch nur in einem Atemzug mit denen genannt werden, die schuld daran sind, dass wir ein Lobbyistengesetz brauchen.
derStandard.at: Sie sprechen in der Stellungnahme zum Gesetzesentwurf von "gravierenden Unterschieden". Woran kann man diese Unterschiede fest machen?
Achitz: Gewerbliche Lobbyisten vertreten für Geld im Auftrag eines Auftraggebers heute diese und morgen jene Interessen. Wir haben ein klares Statut bzw. von den Kammern aus eine gesetzliche Regelung. Bei uns und bei den Kammern gibt es eine demokratische Willensbildung und eine demokratische Bestellung der Organe. Das ist bei einem gewerblichen Lobbyisten nicht der Fall. Das ist einfach eine Firma: dort schafft der an, dem die Firma gehört. Wir haben ein eigenes Gesetz für die Arbeiterkammern, sie sind Rechnungshof-geprüft. Wir haben verschiedene Gesetzesstellen, die auf die Rechte der Sozialpartner Bezug nehmen. Wenn das nicht gravierende Unterschiede sind, dann weiß ich nicht.
derStandard.at: Die ÖVP sagt, dass der Gesetzesentwurf mit der SPÖ-Spitze bereits abgestimmt war. Wie erklären Sie sich das?
Achitz: Ins parteipolitische Hickhack kann ich mich nicht einmischen. Das weiß ich nicht, was SPÖ und ÖVP ausgemacht haben. Wir sind Interessensvertreter und haben von Anfang an gesagt, wir haben in dem Lobbying-Gesetz nichts verloren.
derStandard.at: Hat die Gewerkschaft einen gewissen Druck auf die SP-Spitze ausgeübt, damit sie zurückrudert?
Achitz: Unsere Stellungnahmen sind bei allen Parteien bekannt. Wir haben auf alle Parteien Druck ausgeübt.
derStandard.at: Das BZÖ spricht von "Extrawürsten", die Sie verlangen.
Achitz: Dazu gebe ich überhaupt keine Stellungnahme ab. Wenn das, was ich argumentiert habe, keine gravierenden Unterschiede zwischen Lobbyisten und Interessensvertretern sind! Wenn das BZÖ die Argumente ignoriert - soll sein.
derStandard.at: Wie wird es jetzt weitergehen?
Achitz: Im Moment finden politische Verhandlungen statt. Solange politische Verhandlungen stattfinden, werden wir unsere Meinung dazu sagen. Wenn man auf uns hört, ist es gut. Wenn nicht, dann werden wir uns gesetzeskonform verhalten müssen und das tun, was das Gesetz uns vorschreibt. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 26.9.2011)