Mit dem aus George Orwells Roman "1984" entlehnten Zitat "Big Brother is wachting you" lässt sich das letzten Donnerstag in Begutachtung gegangene Antiterror-Paket wohl am besten zusammenfassen. Denn dieser Gesetzesentwurf hat es in sich: Die Überwachungsbefugnisse des Verfassungsschutzes werden massiv ausgeweitet, ohne dass die Behörden dabei einer effektiven Kontrolle unterliegen.

Schrankenlose Überwachung und Gesinnungsjustiz

Konkret geht es um die massive Ausweitung von drei verschiedenen Überwachungs- Befugnissen, die rechtsstaatlich mehr als bedenklich ist.

Bisher medial aufgegriffen wurde nur die Ausweitung der erweiterten Gefahrenerforschung auf Einzelpersonen. Diese Änderung führt im Ergebnis dazu, dass beispielsweise Facebook-Postings, Foreneinträge und Flyer, aber auch das Kaufen eines Buches oder ein bloßes Chemiestudium dazu führen können vom Verfassungsschutz mit Peilsender am Auto, verdeckter Ermittlung und Fotoaufnahmen im Park überwacht zu werden. All das ohne staatsanwaltschaftlicher oder gerichtlicher Kontrolle.

Das Antiterror-Paket sieht aber noch zwei weitere massive Änderungen vor. Zu einem soll der Zugriff auf Handystandortdaten durch die Polizei in Zukunft ohne gerichtliche Bewilligung zulässig sein. Von jeder Person kann - sofern sie in Zusammenhang mit einer akuten Gefahr gebracht werden kann - ohne gerichtliche Kontrolle ein Bewegungsprofil erstellt werden.

Zum anderen ist eine erweiterte Gefährdungsanalyse samt Datenbank bei Delikten des Staatsschutzes geplant. Es handelt sich um eine Art erweiterte Gefahrenerforschung vor der erweiterten Gefahrenerforschung. Die Überwachung setzt in einem noch früheren Stadium als die bisherige erweiterte Gefahrenerforschung ein und unterliegt nicht der Kontrolle des Rechtsschutzbeauftragten. Quasi jeder und jede kann davon betroffen sein. Diese Regelung ist im Antiterror Paket der schwerwiegendste Schritt hin zum Überwachungsstaat, da sie dem Spitzelstaat Tür und Tor öffnet.

Überwachung schadet der Demokratie

Der Gesetzesentwurf führt im Ergebnis dazu, dass es in Zukunft 8 Millionen Verdächtige in Österreich geben wird. Überwachung, noch bevor überhaupt ein Anhaltspunkt für einen strafrechtlichen Verdacht vorliegt, wird zum Regelfall werden. Vor allem politisch aktive Menschen aus allen Spektren - von BürgerInneninitativen über Greenpeace bis zu antifaschistischen Initiativen - werden auf der "Watchlist" des Verfassungsschutzes stehen.

Diese Auswirkungen sind für eine Demokratie fatal. Die politische Einmischung von BürgerInnen, die nicht in Parteien aktiv sind, ist nicht gefährlich, sondern für eine entwickelte Demokratie sehr wichtig und wünschenswert. Die geplante Ausweitung der Überwachung bewirkt aber genau das Gegenteil. Menschen, die wegen ihres politischen Engagement befürchten müssen überwacht zu werden, werden sich aus Angst davor weniger bis gar nicht mehr einbringen.

Verfassungsschutz regeln und von Polizeiarbeit trennen

Anstatt ständig die Überwachung weiter auszudehnen, sollte das Parlament erst einmal die Tätigkeit des Verfassungsschutzes gesetzlich genauer regeln. Die rechtlichen Befugnisse dieser Behörde sind nämlich mehr als mangelhaft. Das Sicherheitspolizeigesetz ist im Kern auf die klassische Polizeiarbeit zugeschnitten und nicht auf die eines Inlands-Geheimdienstes. Der Verfassungsschutz ist nämlich keine einfache Polizeieinheit wie er selber oft von sich behauptet, sondern eine mächtige Behörde, die in ihrer Tätigkeit in die Privatsphäre von BürgerInnen eindringt, obwohl die Betroffenen von strafrechtlich handfesten Verdachtsmomenten weit entfernt sind.

Trennungsgebot zwischen Polizei- und Geheimdienstarbeit

Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass es auch anders geht. Dort gibt es ein eigens Gesetz (Bundesverfassungsschutzgesetz) das die Tätigkeit des Verfassungsschutzes genau regelt und ein striktes Trennungsgebot zwischen Polizei- und Geheimdienstarbeit vorsieht. Der deutsche Verfassungsschutz darf im Gegensatz zu Österreich (!) keine Polizeiarbeit machen und die Polizei keine Geheimdienstarbeit.

Den Gesetzgebern kann ich im Hinblick auf die Antiterror-Gesetze daher nur folgendes verkürzt wiedergegebenes Zitat von Benjamin Franklin mitgeben: "Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren." (Leser-Kommentar, Stefan Halla, derStandard.at, 29.9.2011)