Er nährt seit über siebzig Jahren numismatische Jagdtriebe und gehört für den Secret Service zu den "Most Wanted": Der Double Eagle mit dem Prägedatum 1933. Einer von ihnen wanderte 1944 dank eines glücklichen Versehens ganz offiziell nach Ägypten in die Hände von König Faruq. 1.575 Dollar hatte er dafür hingeblättert. Nichts Besonderes? Doch. Denn die Münze sollte es eigentlich gar nicht geben. Wie sie in seinen Besitz kam, ist nicht zweifelsfrei überliefert, gerüchteweise wurde sie ihm von einem texanischen Händler angeboten - wahr ist, dass er sie nach seinem Sturz und der anschließenden Flucht ins Exil nach Monaco 1952 zurückließ und damit eine schier unglaubliche Geschichte neu aufrollte.
Die Goldmünze nach einem Entwurf des US-Bildhauers Augustus Saint-Gaudens wurde in den USA seit 1907 geprägt. Als Hommage an das antike Griechenland schmückt die Vorderseite das Bild der Göttin der Freiheit, die ebenfalls wenig bescheidene Rückseite zeigt einen Weißkopfseeadler vor einer aufgehenden Sonne. Sie hat einen Nennwert von 20 Dollar, tatsächlich ist sie heute 7,6 Millionen Dollar wert - und somit die teuerste Münze der Welt.
Doch zurück zum Geburtsjahr: 1933 war kein guter Jahrgang für den Double Eagle und seine 445.449 Kollegen. Er fiel in die Zeit der Großen Depression. Die Amerikaner zogen panisch Bargeld, aber auch Goldreserven von den Banken ab, den USA drohte die Zahlungsunfähigkeit. US-Präsident Franklin Roosevelt blieb keine Wahl; der Erlass 6102 schrieb fest, dass US-Bürger kein Gold horten durften bzw. ihren Goldbestand in Papiergeld wechseln mussten.
Endstation Schmelzofen
Die 1933-Double Eagles wurden fein säuberlich in 1780 Leinensäcken verpackt, ohne je in Umlauf gebracht worden zu sein. Einige Zeit fristeten sie ihr Dasein hinter drei Tresortüren der Münzanstalt in Philadelphia. 1934 verabschiedete der US-Kongress den Gold Reserve Act, was dem Präsidenten erlaubte, das von der US Notenbank Federal Reserve (Fed) gehaltene Gold zu verstaatlichen und in der Folge den Preis der Unze anzuheben und de facto den Dollar abzuwerten, um die darniederliegende Wirtschaft anzukurbeln.
Die Münzen selbst sollten zu Goldbarren verschmolzen werden. Eine Sisyphus-Arbeit angesichts der insgesamt 15 Tonnen Edelmetall. Lediglich zwei Stück entkamen offiziell diesem Schicksal, sie wurden der staatlichen Münzsammlung, der Smithsonian Institution, übergeben. Mysteriöserweise tauchten aber schon bald weitere Münzen auf, wie Bloomberg Businessweek kürzlich berichtete: 1944 kündigte das renommierte New Yorker Münzhandelshaus Stack's eine 1933-Double Eagle zum Verkauf an. Der Handel wurde gestoppt, die Münze von den US-Behörden konfisziert.
Etwa zur selben Zeit bot ein Gold- und Juwelenhändler namens Israel Switt gleich mehrere der "nicht existenten" Double Eagles prominenten Goldsammlern in den USA an. Der US-Geheimdienst war endgültig aus dem Häuschen. Woher er diese hatte, konnte oder wollte Switt sich später nicht mehr erinnern. Er habe keinerlei Aufzeichnungen darüber, gab er zu Protokoll. Eine der Münzen konnte er tatsächlich absetzen, nämlich an jenen Händler, der sie später dem damaligen ägyptischen Monarchen feilbot, bevor die US-Behörden eingreifen konnten. Nach Faruqs Flucht verkaufte die neue Regierung in Ägypten die Besitztümer des Ex-Königs. Sotheby's bekam den Zuschlag, die wertvolle Münze zu versteigern.
Joan Langbord, Switts einziges Kind, sagte später, ihr Vater sei unausstehlich und jähzornig gewesen. Vielleicht hätte sie noch "umsichtig" hinzufügen sollen. Denn wie der Zufall es wollte, sollte die heute 95-Jährige einen geheimnisumwitterten, bis heute rätselhaften Fund machen: In einem unscheinbaren Papiersack und eingewickelt in ein Taschentuch fielen Langboard und ihrem Sohn weitere zehn 1933 Double Eagles sozusagen direkt in den Schoß. Sie stammten aus dem Nachlass des Warenhauses John Wanamaker, das sie kurz zuvor geerbt hatten. Redlich, wie die beiden waren, informierten sie die Polizei.
Die staatliche Münzbehörde und einmal mehr der Geheimdienst schalteten sich ein, bestätigten die Echtheit der Münzen und übergaben sie der US-Regierung - in deren Besitz sie heute noch sind. Das war 2005. Seither kämpfen die Langboards um die Rückgabe ihres Erbes beziehungsweise um eine Entschädigung in Höhe von 40 Millionen US-Dollar. Einen Prozess haben sie in erster Instanz verloren. Die Münzen konnten niemals auf legale Weise in Umlauf gebracht worden sein, wodurch der Anspruch Privater darauf erlischt, so die Richterin. Die Langboards kündigten an, gegen das Urteil zu berufen.
Die Münze aus König Faruqs Besitz wurde unterdessen im Jahr 2002 von Sotheby's zum Ausrufungspreis von 2,5 Millionen Dollar angeboten. Bis zum Zuschlag vergingen sechs Minuten. Ein anonymer Händler zahlte 6,6 Millionen Dollar plus 15 Prozent Aufgeld. Der neue - anonyme - Besitzer überließ die Münze der amerikanischen numismatischen Gesellschaft, diese wiederum gab sie als Dauerleihgabe der Fed in New York weiter. Dort liegt sie bis heute hinter einer Panzerglasvitrine, geschützt durch eine Alarmanlage und einen bewaffneten Sicherheitsbeamten.
Der US-Geheimdienst wird mehr als sieben Jahrzehnte nach der Prägung des 1933-Double Eagle weiterfahnden. Einem mittlerweile veröffentlichten Bericht ist zu entnehmen, dass Switt nicht nur Originale besessen hatte, sondern wohl auch ein Hehler professioneller Münzfälscher gewesen war. Für Experten besteht nicht der geringste Zweifel, dass noch weitere Exemplare im Umlauf sind. (Sigrid Schamall, derStandard.at, 28.9.2011)