Buwog, Hochegger, Strasser, Mensdorff & Co, "momentan geht eine ganze Menge kaputt" sagt Priester Helmut Schüller bei der Diskussion "Lobbying vs. Lobbyismus" im Rahmen der Medientage. Es sei "unappetitlich, wie hier genommen und gegeben wird". Für Schüller stellt sich die Frage, welche Menschen kein Lobbying haben und für welche Interessen lobbyiiert wird. Sein Verdacht: „Die die jetzt schon gut aufgestellt sind, stellen sich noch besser auf."
"Durch die Umstände passiert hoffentlich ein ordentlicher Ruck", hofft Eva Geiblinger, sie ist Vorstandsvorsitzende von Transparency International - Austrian Chapter (TI-AC). Zwischen Trinkgeldern und Bagschisch werde bei uns kein Unterschied gemacht. Sie zitiert eine Studie, "wir stehen ungefähr dort, wo Rumänien steht. Nur dort gibt es fixe Sätze und Taxen, die sind bei uns noch nicht festgelegt."
"Irrsinniger Schleim"
"Auf Hochegger hab ich einen irrsinnigen Schleim", sagt Wolfgang Rosam (Change Communications). Durch die Tat eines einzelnen sei ein gesamter Berufstand unfassbar in Verruf gebracht worden. Lobbyist sei ein Schimpfwort geworden. "Das verzeihe ich manchen nicht, ich versteh auch nicht, warum es so lange dauert, bis hier etwas passiert." Der Berufstand der Lobbyisten habe es über Jahre verabsäumt, Aufklärung zu betreiben. "Diese Branche hat keine Stimme, die Lobbyisten haben kein Lobbying, damit sind wir zu Freiwild geworden", so Rosam. Es seien aber nicht nur die Lobbyisten, zum Korrumpieren würden immer mehrere gehören. Man müsse im gleichen Atemzug auch korrumpierbare Politiker und Funktionäre nennen.
"Es wird nicht gehen, dass die Politik versucht, einer Berufsgruppe die Schuld zu geben, weil sie mit sich selbst nicht zurande kommt", sagt Ex-Kanzlersprecher und Berater Karl Krammer. Ethik und Moral liege auch an Lobbyisten, die müsse jeder für sich finden. Krammer: "Entscheiden tut am Ende des Tages noch immer der Politiker. Hier nimmt die Politik ihre Verantwortung nicht wahr." Die Qualität des kommenden Lobbyinggesetzes werde an der Qualität des Gesamtpakets (Unvereinbarkeit usw.) zu messen sein.
Brüsseler Diskussion breiter
"Die Affäre Strasser habe Österreich natürlich in kein gutes Licht gerückt." Georg Kreuzhuber von GPlus Europe ist Lobbyist in Brüssel. "Die Brüsseler Diskussion ist um einiges breiter und erwachsener." Der Ruf des Lobbyisten sei in Brüssel sicher positiver besetzt als hier in Österreich oder im deutschsprachigen Raum. Kreuzhuber: "Ohne Einflussnahme können gute Gesetze nicht zustande kommen. Es ist in Brüssel völlig normal, dass Lobbyisten gegenüber den Beamten ihre Argumente und Positionen vortragen." Dort gibt es seit Jahren ein freiwilliges Transparenzgesetz. Kreuzhuber habe nie ein Problem gehabt, sich dort einzutragen. Die Schwierigkeit sei aber, dass dieses Register bestimmte Lobbyisten, zum Beispiel Anwälte, nicht erfasst.
Keine klare Struktur, komische Sauce
"Dass Lobbyisten versuchen, Gesetze zu beeinflussen ist nicht verwerflich, es geht um die Transparenz was mit dem dafür eingesetzten Geld passiert", sagt Reinhard Göweil von der "Wiener Zeitung". In Österreich gebe es hier keine klare Struktur. Göweil: "Alles rinnt zu einer komischen Sauce zusammen." Diese Sauce könne manchmal durchaus eine klare Suppe bilden, manchmal werde sie aber braun und unansehnlich.
Rosam sagt: "Lobbyismus ist nicht Haberei." Er habe sehr oft erlebt, dass Menschen sich Lobbyisten genannt haben, nur weil sie viele Menschen kennen. Lobbyismus und Korruption müsse man endlich auseinanderhalten. Vieles was wir derzeit erleben, sei simple Kriminalität.
Unzufriedenheit herrscht über das neue Lobbyinggesetz. "In Österreich haben wir eindeutig eine Anlassgesetzgebung. Innerhalb der Lobbyisten gebe es zu viele Splittergruppen wie die Anwälte oder Kammer. „Es hat noch keine Linie", so Geiblinger. Krammer fragt sich, warum das Lobbyinggesetz im Justizministerium angesiedelt ist, er sieht die Thematik beim Wirtschaftsministerium.
"Scheinheilig"
Für "scheinheilig" hält Rosam den Entwurf für das neue Gesetz: "Zuerst hieß es, die Kammern müssen hinein. Plötzlich ist der ÖGB und damit die SPÖ nicht mehr dafür. Das ist nicht mal mehr Anlassgesetzgebung, das ist scheinheilig." Auch Göweil meint, dass schlussendlich niemand mit diesem Gesetz arbeiten kann. "Es wird zu ziemlich viel Vernaderung kommen", meint Krammer. Wie es mit dem Gesetz weitergeht? Hier Rosams Prognose: "Das Gesetz wird jetzt so kommen, die Kammern werden draußen bleiben, es wird sich jemand finden, der das Gesetz beim Verfassungsgerichtshof einklagt, dann wird das Gesetz gekippt werden. Ganz einfach." Rosam: "Eine typisch österreichische Blamage."
"Es wird sich die Spreu vom Weizen treffen", so Rosam über die Zukunft des Lobbyismus. Der Markt wird in den nächsten zwei Jahren massiv gestört sein, Lobbying werde nicht offensiv nachgefragt werden. Berater generell seien in die Bredouille geraten. Rosams Schlusssatz: "Die Guten werden überbleiben, die Bösen gehören ins Gefängnis."
"Wo bleibt der persönliche Kompass" fragt Helmut Schüller zum Ende der Diskussion. Diese Frage an alle Beteiligten bleibe. Gesetze sollen Rahmenbedingungen abstecken, in der nicht der der Blöde ist, der solchen Kompass hat. (Astrid Ebenführer, derStandard.at)