Bern - Ein halbes Jahr nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima sind in der Schweiz die Weichen für die Energiewende gestellt: Im Land soll der Bau neuer Atomkraftwerke verboten werden. Nach dem Nationalrat (Abgeordnetenhaus) hat auch der Ständerat (Länderkammer) dem Ausstieg aus der Atomenergie am Mittwoch zugestimmt.

Der Entscheid im Ständerat fiel deutlich: Der Rat stimmte den fraglichen Ausstiegsmotionen (Ausstiegsanträgen) mit jeweils über 30 Stimmen zu weniger als 10 Stimmen zu. Für den Ausstieg plädierten neben der Sozialdemokratischen Partei (SP) und Grünen Vertretern die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) und die Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP), dagegen stemmten sich die Schweizer Volkspartei (SVP) und die Mehrheit der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP).

Feilschen um Formulierung

Definitiv ist der Entscheid nicht: Die Räte beauftragen den Bundesrat (Regierung) vorerst nur, im Kernenergiegesetz ein Verbot für den Bau neuer Atomkraftwerke zu verankern. Wenn die Gesetzesrevision vorliegt, werden sie sich erneut dazu äußern können.

Dennoch wurde bis zuletzt um die exakte Formulierung des Auftrags an den Bundesrat gefeilscht. Die Energiekommission des Ständerates hatte dem Rat zunächst empfehlen wollen, nur Atomkraftwerke der "heutigen Generation" zu verbieten. Diese Formulierung, die für die Atomkraft eine Hintertüre offen lassen sollte, sorgte jedoch für Diskussionen.

Im letzten Moment beschloss die Ständeratskommission dann, auf die Formulierung zu verzichten. Neu schlug sie eine Ergänzung vor, um das Verbot etwas abzuschwächen. Der Ständerat hat den Ausstiegsmotionen aus dem Nationalrat nun in dieser abgeänderten Form zugestimmt.

Im Auftrag an den Bundesrat steht demnach, dass das Verbot neuer Atomkraftwerke nicht einem "Technologieverbot" gleichkommt. Außerdem soll der Bundesrat periodisch über die Entwicklung der Technologien berichten, auch über Fortschritte in der Kerntechnologie.

Der Schweizer Bundesrat möchte den Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz gänzlich verbieten. Er sprach sich Anfang des Monats dagegen aus, die Türe für Atomkraftwerke einer neuen Generation offen zu lassen, wie dies die Energiekommission des Ständerates wollte. Ein Ausstieg mit Einschränkungen würde zu großer Unsicherheit führen, so der Bundesrat.

Aus Sicht der Atombefürworter beruhen die Pläne des Bundesrates für den Atomausstieg auf unrealistischen Annahmen, was Energieministerin Doris Leuthard bestritt. Manche warnten auch davor, unter dem Eindruck der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima die klimapolitischen Ziele zu vernachlässigen. (APA)