Wien - Geht es nach den Investoren an den Börsen, ist es längst eine ausgemachte Sache. Der Euro-Rettungsschirm EFSF, der gerade auf 440 Mrd. Euro aufgestockt wird, soll durch Hebeltricks über ein noch viel größeres Volumen verfügen, um strauchelnden Ländern unter die Arme greifen zu können. Die in den vergangenen Tagen stark gestiegenen Bankaktienkurse spiegeln diese Erwartungshaltung wider.

Welche Varianten werden aber tatsächlich auf Expertenebene diskutiert? Und welche Hürden gibt es zu nehmen? Ein Überblick:

- Versicherung: Der EFSF könnte eine Art Kreditversicherung für Staatsanleihen anbieten. Ein Beispiel: Möchte Italien zehn Milliarden Euro an Staatsanleihen an Investoren verkaufen, könnte der Rettungsfonds 20 Prozent der Summe garantieren. Der Wert der Anleihen könnte also bis zu 20 Prozent sinken, ohne dass die Anleger ein Risiko hätten. Die Vorteile: Die Garantie sollte zur Beruhigung an den Anleihemärkten beitragen. Und der EFSF müsste für ein Zehn-Milliarden-Geschäft nur zwei Milliarden (20 Prozent) von seinem 440-Milliarden-Budget abzwacken. Er hätte bei diesem Beispiel also einen Hebeleffekt von eins zu fünf. Wenn er selber Anleihen kaufen würde, bräuchte er 100 Prozent, also zehn Milliarden Euro. Gleichzeitig müsste Italien für die Garantie eine Prämie an den Rettungsfonds zahlen.

Rechtlich müsste dafür die Geschäftsordnung des EFSF geändert werden. Dafür sollten aber politische Beschlüsse auf EU-Ebene reichen. Eine Befassung aller nationalen Parlamente dürfte nicht nötig sein, lediglich in Deutschland müsste eventuell der Bundestag eingebunden werden. Theoretisch könnte diese Variante also relativ rasch umgesetzt werden. Da es aber in Deutschland sowohl in der FDP als auch in der CSU Widerstand gegen jeden weiteren Hilfsmechanismus gibt (siehe links), könnte es praktisch sehr wohl zu Problemen kommen.

- Banklizenz: Ähnliches gilt auch für den zweiten Vorschlag, wie man das EFSF-Volumen besser ausnützen könnte. Im Kern geht es darum, dass der Fonds eine Banklizenz erhalten könnte. Als Bank könnte er Staatsanleihen kaufen und diese bei der Europäischen Zentralbank (EZB) als Sicherheit für Kredite deponieren. Der Hebeleffekt ergäbe sich dadurch, dass die Kredite nur zum Teil besichert werden müssten. Mit dem EZB-Geld könnte der Rettungsfonds neue Anleihen kaufen. Dieses Spiel ließe sich beliebig fortführen. Das Ausfallsrisiko hätte die Zentralbank zu tragen, außerdem befürchten Experten in diesem Fall eine steigende Inflation.

Theoretisch könnte der EZB-Rat ein Veto dagegen einlegen. Der deutsche Bundesbankpräsident Jens Weidmann sieht das Verbot der monetären Staatsfinanzierung verletzt. In informierten Kreisen wird aber nicht damit gerechnet, dass Weidmann eine Mehrheit im EZB-Rat für seine Position hätte.

Der Hacken hier: Neue Gesetzesbeschlüsse wären zwar auch nicht nötig, der EFSF bräuchte aber ein komplett neues Statut, was auf technische Hürden stoßen könnte.

An eine Umsetzung eines der beiden Vorschläge binnen Tagen oder wenigen Wochen glauben Experten daher nicht. Man hofft, dass schon die Hoffnung der Anleger zur Beruhigung beiträgt. (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.9.2011)