Madrid - Im Kampf gegen die Schulden muss Spanien einen schmerzlichen Rückschlag
einstecken. Die Regierung verschob überraschend den geplanten Börsengang der
staatlichen Lotterie und verzichtet damit auf bis zu 9 Mrd. Euro. Die erhofften
Erlöse seien im derzeitigen Marktumfeld nicht zu erreichen gewesen, erläuterte
Wirtschaftsministerin Elena Salgado am Donnerstag. Der Börsengang (IPO) der
Loterias y Apuestas del Estado wäre der größte in der Geschichte des Landes
gewesen. Die Lotterie gilt als Kronjuwel der verbliebenen Staatsbeteiligungen
Spaniens.
Als Grund für die Absage gelten verschiedene Möglichkeiten.
Offiziell nannte das Wirtschaftsministerium die Talfahrt der Aktienmärkte. Aus
Marktkreisen verlautete jedoch, dass den Börsengang begleitende Banken wie
Santander und BBVA gegen die Emission waren und mit Nachdruck daran gearbeitet
haben, sie zu verhindern. "Die Banken brauchen Kapital, um ihre Bilanzen zu
stärken. Loterias war da direkte Konkurrenz. Der Börsengang hätte Investoren
anlocken können, die dort das Geld hätten anlegen können, das sonst den Banken
zugutegekommen wäre", sagte ein Fondsmanager bei einer der größten spanischen
Banken.
Auch die Opposition wollte lieber an der Lotterie festhalten.
Hinzu kommt, dass Spanien derzeit in einer Übergangsphase ist. Für den 20.
November hat der sozialistische Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero
vorgezogene Wahlen angesetzt. Dazu wurde das Parlament bereits aufgelöst. Es
wird damit gerechnet, dass die konservative Volkspartei (PP) die Wahlen gewinnt.
Sie ist gegen den Verkauf. Eigentlich sollte am Freitag die Werbetour - die
sogenannte Roadshow - für den Börsengang beginnen. Vor der ersten Novemberwoche
sollte die Lotterie an der Börse sein.
Spanien ist wegen seines
Schuldenbergs in das Visier der Finanzmärkte geraten. Die Zinsen, die das Land
aufbringen muss, sind zuletzt deutlich gestiegen. Bisher ist es Spanien aber
gelungen, die geforderten Sparmaßnahmen zumindest zu erfüllen. Ganz abgeblasen
ist der IPO der Lotterie, die auch über Spaniens Grenzen hinaus mit der
Weihnachtsaktion "El Gordo" ("Der Dicke") bekanntwurde, jedoch nicht. Das
Vorhaben könnte fortgesetzt werden, wenn sich die Marktbedingungen verbessern,
hieß es im spanischen Wirtschaftsministerium. "Die Attraktivität der Lotterie
als Investition steht nicht infrage", sagte ein US-Fondsmanager in London. "Es
handelt sich um einen schuldenfreien Goldesel." Die Unsicherheit über die
künftige Regierung des Landes, könne aber einige Anleger verschreckt haben. (APA/Reuters)