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Karl-Heinz Grasser: Für ihn gilt die Unschuldsvermutung

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Wien - Die dubiosen Zahlungsflüsse rund um den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser sind um eine Facette reicher: Von Ende 2005 bis Anfang 2010 flossen mehr als 800.000 Euro von der Raiffeisen Bezirksbank Klagenfurt (RBB) auf Grassers Meinl-Konto, berichtet das Nachrichtenmagazin "Format". Die Justiz vermutet laut Bericht dass die Zahlungen aus Provisionen des Verkaufs der Bundeswohnungen (Buwog) stammen, die zur Zeit von der Staatsanwaltschaft untersucht wird.

Die ersten Zahlungen an Grasser fanden in seiner Zeit als Finanzminister statt, und die letzte erfolgte nur wenige Monate bevor ein Spezialkommando der Nationalbank (OeNB) in der RBB einmarschierte. Der Vorgang war dem Bericht zufolge immer derselbe: Ein Mitglied der Familie Grasser kam in der RBB-Filiale vorbei, füllte einen Zahlschein aus und schickte als "Kassa-Einzahlung" 50.000 Euro, 100.000 Euro oder 500.000 Euro an Grassers Meinl-Bank-Konto. Zumindest 120.000 Euro sind vor dem 1. August 2008 geflossen. Das wirft nun die finanzrechtliche Frage auf, ob Schenkungssteuer abgeführt wurde. Transferiert wurde oft ohne Angabe eines Verwendungszwecks. Auf Geldwäsche-Alarm an das Innenministerium, wie es bei sogenannten PEPs ("Politically Exposed Person") üblich ist, verzichtete die RBB.

Potenzielle Troubles

Die Raiffeisen Bezirksbank Klagenfurt ist mittlerweile zwar Geschichte - sie wurde Mitte September von der Raiffeisenlandesbank Kärnten aufgefangen -, doch für Karl-Heinz Grasser birgt sie potenzielle Troubles. Denn Fakt ist: Grasser verfügt über Stiftungen in Liechtenstein mit Briefkastenfirmen in Steueroasen wie Zypern. Dass er als Finanzminister in den Jahren 2005 und 2006 eine halbe Million Euro im Geldsackerl von der Schweiz nach Österreich eingeführt und bei der Meinl Bank eingezahlt hat, wissen die Ermittler auch. Außerhalb der Banköffnungszeiten, wie es im Buwog-Gerichtsakt heißt. Bei seiner ersten Polizeieinvernahme im September 2010 begründete er die ungewöhnliche Botenfahrt als Freundschaftsdienst für seine Schwiegermutter Marina Giori-Lhota.

Die Ermittler zweifeln. Aus ihrer Sicht sind auch die Kassadeals bei der RBB zumindest dubios und untersuchenswert. Ob die Quelle ein aufgelöstes Sparbuch oder die Schwiegermutter war, ist noch Gegenstand von Erhebungen. Karl-Heinz Grasser und sein Anwalt verweigern eine Stellungnahme gegenüber "Format".

Hausdurchsuchungsbeschluss

Aufschlussreicher ist dem Bericht zufolge der Hausdurchsuchungsbeschluss. Gemäß dem "Format" vorliegenden Papier bekam Grasser von der Schwiegermutter "im Mai oder Juli 2005 anlässlich eines Besuches in deren Wohnung" 100.000 Euro überreicht. Wenig später wiederholte sich das Prozedere. "Im November oder Dezember 2005 habe er weitere 330.000 Euro von Marina Giori-Lhota in bar zur Veranlagung erhalten." Im Jänner 2007 folgten schließlich letztmalig 70.000 Euro. "Diesen Betrag habe Grasser Heinrich Schwägler in Zürich übergeben, welcher das Geld am Konto der Ferint AG einbezahlt habe." Ziel der Sammelaktion: "Giori-Lhota habe hiedurch die Geldveranlagungsfähigkeit von Karl-Heinz Grasser als Bundesminister für Finanzen testen wollen."

Unterm Strich kam bei der Meinl Bank eine halbe Million zusammen. Mit dem Geld kauften die Meinl-Banker in Grassers Aufrag Ende 2006 einen Hypo-Genussschein der Berlin & Co AG. Als Vehikel diente die Briefkastenfirma Ferint. Ab diesem Zeitpunkt war KHG beim Verkauf der landeseigenen Hypo-Alpe-Adria-Anteile an die Bayerische Landesbank engagiert. Ein Geschäft, das ihm 283.000 Euro Profit brachte - offiziell nur für Giori-Lhota.

Eigene Geldmittel

Die Erklärung mit der Schwiegermutter kam laut "Format" bei der Polizei nicht so gut an. Das Ermittlerfazit laut Razzia-Anordnung: Grasser habe "eigene Geldmittel in den Hypo-Genussschein investiert" und "der daraus erwachsene Gewinn" sei ihm "wirtschaftlich zuzurechnen".

Aus Ermittlersicht ist nicht auszuschließen, dass das Geld nicht von Giori-Lhota stammt, sondern aus dem 7,7 Millionen-Euro-Buwog-Provisionstopf von Walter Meischberger. Die bei den Hausdurchsuchungen im Mai bei Grasser und Co sichergestellten Unterlagen sollten diesen dringenden Tatverdacht stützen. Doch Grasser und Giori-Lhota - auch ihr Haus in Kitzbühel wurde durchsucht - machen es der Justiz bei der Beweissuche nicht leicht: Ihre Anwälte haben alle beschlagnahmten Unterlagen versiegeln lassen. Fast ein halbes Jahr liegt der Akt schon beim Oberlandesgericht Wien. Die Entscheidung dürfte laut OLG-Sprecher Reinhard Hinger "mehrere Wochen" dauern.

Anwalt sieht "Hirngespinste"

Grasser-Anwalt Manfred Ainedter hat sämtliche Vorwürfe gegen seinen Mandanten zurück gewiesen. Er sprach von "Hirngespinsten" und "und Bemühungen des "Format", Grasser "irgendetwas umzuhängen". Da Zahlungsströme waren ganz normale Überweisungen durch die Familie Grasser gewesen, die seit Jahrzehnten das Institut als Hausbank nutzt. Steuerlich ist hier alles korrekt verlaufen, betonte Ainedter.

Grasser selbst will gegen die Berichterstattung rund um seine Überweisungen von der RBB Bank "rechtliche Schritte" einleiten. Er werde "zumindest" gegen die Tageszeitung "Österreich" und das Wirtschaftsmagazin "Format" vorgehen, sagte Grassers Anwalt Michael Rami. Dabei werde es "zumindest" um eine Gegendarstellung gehen. Weitergehende Klagen - auch gegen zusätzliche Medien - seien noch zu prüfen.

Unterdessen nutzten SPÖ und Grüne die Gelegenheit, um in Aussendungen vertiefte Prüfungen gegen Grasser zu fordern. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas glaubt, dass "der blaue Korruptionssumpf täglich immer tiefer wird" und "trockengelegt" werden muss. Ihr SPÖ-Geschäftsführer-Kollege Günther Kräuter meint, "dass sich der Kreis um einen der umfangreichsten Korruptionsskandale des letzten Jahrzehnts langsam schließt". Die grüne Abgeordnete Gabriele Moser findet, "Grasser verstrickt sich in immer größere Einzahlungs- und Konto-Wirrnisse". Im U-Ausschuss werde es zur Aufklärung der geheimnisvollen Geldtransfers kommen. (APA)