Wien - Wenn Ende Oktober Wien Modern startet, wird man sich erinnern, dass dieses Festival auf ihn, Claudio Abbado, zurückgeht. Auch an glanzvolle Premieren dieser späten 1980er-Jahre wird man sogleich denken, als Abbado auch Musikchef der Wiener Staatsoper war, bevor das Duo Waechter/Holender übernahm. Und natürlich bleiben die späteren Salzburger Opernabende in Erinnerung, die Abbado als Chef der Berliner Philharmoniker bei den Osterfestspielen bestritt. Das alles ist jedoch lange her. Und zu Abbados Wienbezug fällt einem nur noch das Abschiedskonzert mit seinen Berlinern ein, aus 2002. Der Rest ist Abwesenheit.

Das allerdings wird nun ein bisschen anders - was diesen Mittwoch so schön begann, soll ja in Zukunft fortgesetzt werden. Abbado wird mit dem Orchestra Mozart, das er 2004 mitgegründet hat, in den nächsten Jahren den Musikverein beehren. Und geht man von diesem Abend des nunmehrigen "ständigen Gastorchesters" aus, wird es der Besuch von dirigentisch fulminant modellierter Spielfreude.

Basierend auf schlankem Grundsound wird hier die Kunst der Kontraste gehaltvoll zelebriert. Das reicht vom Charme des Zierlichen bei Mozarts Haffner-Symphonie (2. Satz) bis hin zum ungemein prägnanten Akzentuieren (1. Satz). Wobei man bei der Ouvertüre zu Rossinis L'Italiana in Algieri hörte, dass bei den Bläsern der authentischen Impulsivität im Zweifelsfall der Vorzug vor Ausgewogenheit gegeben wird.

Bei Mendelssohn Bartholdys Italienischer dann allerdings eine Summe aller Qualitäten: Auf unsentimentaler Basis gelang es Abbado, Transparenz, geheimnisvoll melancholische Färbungen und forsches Vorwärtsdrängen in ein Finale münden zu lassen, dessen fragile Feinheit ganz unangestrengt frappante Sogkraft entfaltete. Grandios. (Ljubisa Tosic / DER STANDARD, Printausgabe, 30.9.2011)