
Wien - Nun wird es auch für die Großbanken immer enger: Die Erste Group dürfte die bereits verschobene Rückzahlung der staatlichen Bankenhilfe heuer nicht mehr schaffen, meinen Analysten. 2009 hatte sie 1,2 Milliarden Euro Partizipationskapital vom Bund erhalten, das die Bank eigentlich schon zur Jahresmitte refundieren wollte. Bei der Raiffeisen Bank International (RBI) - sie bekam 1,75 Mrd. Euro - sei an einen derartigen Schritt mangels Kapitalausstattung in absehbarer Zeit ohnehin nicht zu denken, verlautet aus informierten Kreisen.
Die Probleme hängen eng mit dem neuen Regulierungswerk für Banken, genannt Basel III, zusammen, das höhere Kapitalpuffer vorschreibt. Die österreichische Aufsicht verlangt zur Grundausstattung noch zusätzliche Polster, damit die Banken einen Abschwung und andere Risiken in Osteuropa abfedern können. Das hat bereits dazu geführt, dass die Österreichische Volksbanken AG die für heuer geplante Abschichtung von 300 Mio. Euro verschieben musste.
Kampf mit den Aufsehern
Parallel dazu kämpft die Erste mit den Aufsehern. Bank-Chef Andreas Treichl sagte in diesem Zusammenhang am Donnerstag, "die Situation ist ernst". Dabei sprach er die Beteiligungen der Bank im Sparkassensektor an, bei denen die Kapitalanrechnung noch ungeklärt sei. In dieser Frage geht es für die Erste Group um rund 1,5 Milliarden. Zudem rechnen manche Analysten damit, dass die Bank Firmenwertabschreibungen bei ihrer rumänischen Tochter BCR vornehmen muss. Das Potenzial liege bei 1,8 Milliarden, meint Thomas Stögner, Banken-Analyst bei Macquarie in London. Mit einer Rückzahlung des PS-Kapitals durch die Erste rechnet er heuer nicht, RBI sei ohnehin weit davon entfernt. Rechne man das Staatskapital heraus, komme die Erste auf 7,2 Prozent hartes Kernkapital (Core Tier 1), RBI auf gut fünf Prozent. Die Aufsicht verlangt aber zusätzlich zur künftigen Messlatte von sieben Prozent einen Puffer von 1,5 Prozent, was für heftige Reibereien sorgt. Analyst Stögner hält das immer noch für mäßig, gelten doch international neun bis zehn Prozent als ausreichend.
"Absurde Summen"
Die heimischen Banken sehen das anders, bei dem angestrebten Puffer gehe es um "absurde, nicht nachvollziehbare Summen". In Sitzungen mit dem zuständigen OeNB-Direktor Andreas Ittner solle es schon zu Schreiduellen gekommen sein. Vor allem Herbert Stepic, Chef der RBI, soll seinem Unmut richtig laut Luft gemacht haben, auch Treichl reagiere schon höchst entnervt. Dem Vernehmen nach haben Banker sich schon an den Präsidenten der Notenbank, Claus Raidl, gewendet und ihren Protest gegen die Begehrlichkeiten der Aufsicht bei ihm deponiert.
Während RBI ein höherer Kapitalbedarf attestiert wird, ist ihr Spielraum größer als jener der Ersten. Bei einer Kapitalerhöhung kann sich Raiffeisen mit einem Anteil von 78,5 Prozent verwässern lassen, ohne die Kontrolle zu verlieren. Bei der Ersten hält die Stiftung nur noch 25,3 Prozent. (Renate Graber Andreas Schnauder, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 30.9.2011)