Der Verband der Privatsender, kurz VÖP, hat diese Woche eine Beschwerde bei der Medienbehörde gegen die kommerzielle Programmierung von ORF 1 und ORF 2 eingebracht. Der Gebührensender verletze das ORF-Gesetz, das ihm ein "angemessenes Verhältnis" von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport vorschreibt und zu unverwechselbaren Programmen verpflichtet. Der ORF erfülle beide Anforderungen nicht, versuchen die Privatsender in einer aufwändigen Analyse der ORF-Programme über 20 Monate von Anfang 2010 bis August 2011 nachzuweisen. Dies werde auch nicht ausreichend kontrolliert, monieren die Privaten in ihrer Beschwerde.

Der Privatsenderverband untersuchte die ORF-Programme anhand der vom ORF für den Teletest angewandten Zuordnung zu 270 Programmkategorien. Ihre Zuordnung zu den Bereichen Information, Kultur, Unterhaltung und Sport sowie Sonstiges (Programmtrailer, Werbung, Wetterpanorama) dürfte der Küniglberg allerdings anders treffen - so zählen etwa die Privaten offenbar "Sommerzeit" und seine drei jahreszeitlichen Schwestern zur Unterhaltung, während der ORF die Vorabendleiste in seinem Jahresbericht an den Nationalrat, wie er seinen Auftrag erfüllt, zur Information zählt.

Die Privaten kommen, ähnlich den Programmanalysen der Rundfunk- und Telekomregulierung RTR über jeweils eine Stichprobenwoche, zum Ergebnis: ORF 1 besteht zu 79 Prozent aus Unterhaltung, zu 11 Prozent aus Sport, zu drei Prozent aus Information und zu null Prozent aus Kultur. Weit mehr Unterhaltung als fast alle untersuchten Privatsender (ATV, Puls 4, RTL Austria und ProSieben Austria). 

Auch bei ORF 2 überwiege die Unterhaltung mit 55 Prozent bei weitem. Bei den beiden ORF-Kanälen zusammen sehen die Privatsender 67 Prozent Unterhaltungsanteil - und zweifeln somit am "angemessenen" Vorkommen aller vier Kategorien.

Die Unverwechselbarkeit des ORF versuchen die Privatsender mit teils auch parallel programmierten Serien und Spielfilmen im ORF und Privatsendern nachzuweisen. Sie kommen auf mehr als 4000 Serienfolgen im Jahr 2010, die der ORF alleine mit zwei Privatsendern gemein hatte. 60 Spielfilm-Paralleleinsätze zählten sie. Täglich kommen sie im Schnitt auf elf Sendungen, die hüben und drüben laufen.

ORF fühlt sich "angeschüttet"

Die ORF-Reaktion, inhaltlich erwartbar, im Ton vielleicht forscher als gewohnt: "Einmal mehr ist die fragwürdige Interpretation des Verbands Österreichischer Privatsender zurückzuweisen, mit der er Zahlenwerke willkürlich zuungunsten des ORF auslegt. Wie bereits 2008 und 2009 gerät die offensichtlich interessengesteuerte Auslegung von Studienergebnissen durch die mehrheitlich in ausländischem Besitz befindlichen Kommerzsender naturgemäß zu einer unqualifizierten Anschüttung des ORF - gekennzeichnet von methodischen wie inhaltlichen Fehlern."

Wrabetz: "Die Beschwerde des VÖP ist Bestandteil einer brutalen und hinterfotzigen Kampagne der Lobby-Organisation der deutschen Medienkonzerne gegen den Österreichischen Rundfunk, der offenbar den kommerziellen Interessen deutscher Investoren im Wege steht. Ich hoffe, dass sich die Medienbehörde weder von den statistischen Taschenspielertricks blenden lässt, noch dem Druck der VÖP-Lobbyisten beugen wird." (fid)