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Die "allerwichtigste" Forderung für Brigitte Ruprecht ist die Einführung eines Mindestlohns.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien - 69,5 Prozent der rund 200 im ersten Schritt betroffenen Unternehmen haben die Verpflichtung erfüllt und per 31. Juli einen Einkommensbericht erstellt. Seit der jüngsten Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes sind Firmen mit mehr als 1.000 MitarbeiterInnen zu mehr Transparenz verpflichtet. Wie sich beim ersten Durchlauf allerdings herausstellte, hat das Gesetz Lücken. Die Vorsitzende der ÖGB-Frauen, Brigitte Ruprecht, fordert deshalb rasche Nachverhandlungen zum Gleichbehandlungsgesetz.

Die ÖGB-Frauen machen anlässlich des bevorstehenden Equal Pay Day am 4. Oktober, also jenem Tag im Jahr, ab dem Frauen statistisch gesehen gratis arbeiten, auf die weiterhin bestehenden Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen aufmerksam. Bei einer ganzjährigen Vollzeitbeschäftigung beläuft sich die Differenz laut Lohnsteuerstatistik der Statistik Austria auf 24,3 Prozent, so Ruprecht bei einem Hintergrundgespräch.

Kein Bericht, keine Sanktion

Die jüngste Novelle des Gleichbehandlungsgesetz verpflichtet in diesem Jahr Unternehmen ab 1.000 ArbeitnehmerInnen zur Berichtslegung in anonymisierter Form. Im kommenden Jahr sind Firmen ab 500 MitarbeiterInnen betroffen, ab 2013 jene mit 250 und ab 2014 auch Betriebe mit 150 MitarbeiterInnen. "Grundsätzlich ist das ein Riesenschritt", zeigt sich Ruprecht erfreut, allerdings verweist sie dann auf die nun vorliegenden Zahlen: nur 69,5 Prozent der knapp 200 Unternehmen haben auch tatsächlich einen Einkommensbericht erstellt, 11,5 Prozent dürften der Verpflichtung noch bis Jahresende nachkommen. Von 15,2 Prozent gebe es keine Rückmeldung und 3,8 Prozent "verweigern", so die ÖGB-Frauenchefin. Jenen Betrieben, die keine Berichte vorgelegt haben drohe jedoch derzeit keinerlei Sanktion.

Nach Rückmeldungen von den BetriebsrätInnen in den betroffenen Firmen zeige sich: "Das Gesetz bietet zu viel Interpretationsspielraum, so wurde etwa teilweise das Jubiläumsgeld eingerechnet. Das derzeitige Gesetz reicht nicht aus. Es muss konkretisiert, standardisiert und nachverhandelt werden." Die Lücken gelte es rasch zu schließen, fordert Ruprecht. Die Einigung auf den Einkommensbericht sei ein erster wichtiger Schritt gewesen. Die Evaluierung zeige jedoch, dass die gesetzlichen Mindestanforderung nicht ausreichen, um einen aussagekräftigen Bericht zu legen. Das Gesetz soll praxistauglicher werden und, so meinte sie: "Sanktionen greifen nur, wenn's weh tut und das ist jetzt natürlich nicht wirkungsvoll."

Ruprecht kündigt "Aktion scharf" an

Ebenfalls mit der Novelle wurden Betriebe verpflichtet, in Stellenanzeigen das Mindestgehalt sowie eine mögliche Überzahlung anzugeben. In 2.000 überprüften Inseraten fand sich jedoch nur in 100 die korrekte Angabe. Ruprecht führt dies darauf zurück, dass erst ab 2012 Strafen bei Nichterfüllung vorgesehen sind. Für Jahresbeginn kündigte sie deshalb eine weitere "Aktion scharf" an.

Die "allerwichtigste" Forderung sei jedoch jene nach 1.300 Euro Mindestlohn. Dies sei bereits in 70 Prozent der Kollektivverträgen der Fall, nicht jedoch etwa für Textilarbeiterinnen, Masseurinnen und Friseurinnen, drängt Ruprecht auf eine "Aufhollohnrunde". Als "armes Hascherl" sieht sie sich dabei nicht, in Anspielung auf die jüngste Diskussion über eine Extra-Lohnrunde für Frauen: "Jede Maßnahme, die die Einkommensschere schließt, ist zu debattieren." (APA)