Rom - Während die Bedenken über die Zahlungsfähigkeit Italiens seit Wochen die Regierung in Rom unter Druck setzen, gerät Italiens Premier Silvio Berlusconi in seinen eigenen Reihen arg unter Beschuss. Der Parlamentarier und Modezar Santo Versace hat die Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della liberta) verlassen und schloss sich der gemischten Fraktion im Senat an.

"Ich bin ein Mensch, der gern arbeitet, aber in der PdL-Partei braucht man keine Personen, die arbeiten wollen. In der Regierung Berlusconi mögen alle Berlusconi, doch keiner hält ihn mehr aus. Wir hätten gern, dass er endlich sein Leben genießt. Es ist an der Zeit, dass er das Handtuch wirft. Italiens Image im Ausland ist lächerlich geworden. Meine ausländische Freunde fragen mich, wie wir einen derartigen Premier aushalten können. Im Rest der Welt wäre so etwas unmöglich", kommentierte der Modeunternehmer, Bruder von Donatella und dem 1997 ermordeten Gianni Versace.

Schon seit Tagen kursierten Gerüchte, nach denen sich Versace von Berlusconi verabschieden wolle. Der Premier reagierte verbittert auf Versaces Abschied. Wegen der Trennung des Unternehmers vom PdL reduziert sich die ohnehin die dünne Mehrheit seiner Koalition im Parlament. Nach Angaben der regierungskritischen Tageszeitung "La Repubblica" wollen sich 15 Parlamentarier der Berlusconi-Partei vom Premier trennen und zu anderen Gruppierungen übertreten. Dies würde die Position des Premiers gefährden, der sich im vergangenen Jahr von seinem jahrelangen Vertrauensmann Gianfranco Fini getrennt hatte. Dies hatte die Mitte-Rechts-Koalition stark geschwächt.

Die Berlusconi-Parlamentarierin Isabella Bertolini zeigte sich besorgt. "Wenn es Unmut gibt, müssen die Probleme in Angriff genommen werden. Wir sind besorgt", sagte sie. Auch der Ex-Innenminister und Berlusconi-Vertraute Giuseppe Pisanu hatte kürzlich überraschend den Rücktritt des Medienzaren gefordert, um die Angriffe gegen Italien zu stoppen. "Eine Übergangsregierung, der sich auch die Opposition anschließen sollte, wäre die richtige Antwort auf den Notstand, den unser Land erleidet. Wir müssen diesen Niedergang stoppen und zum Weg des Wirtschaftswachstums zurückfinden", sagte Pisanu nach Angaben italienischer Medien.

Auch die oppositionelle Demokratische Partei (PD) verlangt Berlusconis Rücktritt. "Berlusconi ist ein Schaden für Italien, er muss sofort zurücktreten", forderte die "Nummer Zwei" der PD, Enrico Letta. Am Montag hatte Berlusconi scharfe Kritik vom Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz, Angelo Bagnasco, hinnehmen müssen. "Unzüchtiges Verhalten ist in sich selbst negativ und richtet sozialen Schaden an, ganz unabhängig davon, ob es bekannt wird oder nicht. Es vergiftet die Luft und erschwert den gemeinsamen Weg. Man muss die Luft reinigen, damit die jungen Generationen nicht vergiftet werden", so Bagnasco. Wer sich für das politische Engagement entscheide, müsse Nüchternheit, Disziplin und Ehrenhaftigkeit bewahren. (APA)