Karl Stoss.

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Peter Drucker konnte exzellent zuhören, beobachten und daraus Schlüsse ziehen. Und er riet auch seinen Klienten, regelmäßig hinauszugehen, in den Markt, zu den Kunden, um sich ein Bild zu machen. Erträge, so sagte er zu ihnen, würden schließlich nur draußen erwirtschaftet, in der Zentrale entstünden nur Kosten. Nicht nackte Zahlen, Zinsen oder Preise interessierten ihn, sondern die Menschen und die damit verbundene Frage: Wie kann man ihnen in ihrer Aufgabe Sinn geben?

Besonders interessant ist Druckers Zugang zum Thema Ethik. Nach seiner Auffassung gibt es nämlich keine eigene Managementethik. Was Drucker gepredigt hat, sind ganz allgemeine Prinzipien. Manager von Unternehmen prägen durch ihre Macht die Gesellschaft. Dieser Verantwortung müssen sie gerecht werden: durch ihr Vorbild, ihr Vorleben und hohe moralische Ansprüche.

Drucker lieferte den Mächtigen ein neues Selbstverständnis, denn das Unternehmen war für ihn keine Maschinerie zur Maximierung von Gewinnen, sondern eine gesellschaftliche Veranstaltung, ein Ort, an dem Menschen an der Zukunft bauen. Aufgabe ist es also, Menschen in ihrem täglichen Tun Sinn zu geben.

Peter Druckers Phänomen war seine Klarheit und Einfachheit in der Sprache. Er war kein Ökonom, kein Manager, sondern sogar eine denkbar schlechte Führungskraft. Er war ein Individualist, mit einem ungemein klaren Analyseverständnis und daraus abgeleiteter Anamnese.

Gewinn zu erzielen ist für ihn nur eine notwendige Voraussetzung fürs Überleben. Das eigentliche Ziel ist es, den Kunden zu dienen und Nutzen zu stiften. Wer sich selbst zur Hauptsache macht, hat schon versagt. Und dieses Versagen drückt sich dann meistens auch in unethischem Verhalten aus.

Nach Drucker geht es um eine einfache, alltägliche Ehrlichkeit. Nicht betrügen, stehlen, lügen, bestechen oder Bestechung annehmen. Das ist eine Frage moralischer Werte des Einzelnen.

Sittliche Tugenden gehören zur Ethik und sind ein Grundanliegen der Ethik. Tugend hat eben auch zu tun mit Demut und Bescheidenheit. Führungskräfte, Mitarbeiter und Aktionäre sollten nicht fragen, was das Unternehmen für sie tun kann, sondern was sie für das Unternehmen tun können.

Um Erfolge am Markt zu erzielen, müssen die Ressourcen des Unternehmens auf Möglichkeiten und nicht auf Probleme ausgerichtet sein. Kein blindes Streben nach dem Shareholder-Value, getrieben von Gier, Intrigen, Fehlsteuerungen und dem einzigen Ziel der Maximierung, sondern nach dem Customer-Value, dem Nutzen für den Kunden, müssen beim täglichen Tun im Vordergrund stehen.

Management hat zu tun mit "unternehmen", was das Gegenteil von "unterlassen" bedeutet. Nicht wegschauen, sondern hinsehen, Probleme analysieren und diskutieren und Lösungswege aufzeigen. Die Suche nach dem Konsens und nicht nach dem faulen Kompromiss muss gerade in schwierigen Zeiten im Vordergrund stehen. Deshalb ist Management der Beruf des Resultate-Erzielens. Unter Einhaltung moralischer und ethnischer Ansprüche. (Karl Stoss/DER STANDARD; Printausgabe, 1./2.10.2011)