Rom - Italienische Zeitungen kommentieren ausführlich den Freispruch der US-Studentin Amanda Knox und ihres Ex-Freundes Raffaele Sollecito beim Berufungsprozess in Perugia wegen des Mordes an der britischen Austauschstudentin Meredith Kercher.

La Repubblica: "In diesem brutalen Drama ist das Opfer uninteressant, man kann es nicht in einer Talk Show sehen. Nur die Lebenden zählen, die Verdächtigen, die Angeklagten, die Verurteilten, die Schuldigen, die sich dann als unschuldig erweisen und freigesprochen werden. Das Opfer Meredith Kercher ist wieder alleingelassen worden, im Herzen derjenigen, die um sie verzweifelt trauern. Früher oder später wird man ihre wahren Mörder finden müssen. Der farbige Rudy Guede als einziger Täter in Haft genügt nicht".

La Stampa: "Die Richter hätten nichts anderes tun können. Es schmerzt, dass der Mord an einer jungen Frau zum Großteil noch ungelöst bleibt, doch Rechtssicherheit müsse in einem Strafverfahren garantiert werden. Es gab nicht genügend Indizien und der Freispruch war zu erwarten. Auch wenn die Gesetzte respektiert worden sind, ist der Freispruch jedoch kein Erfolg für die italienische Justiz. Der Freispruch hinterlässt einen bitteren Geschmack".

Corriere della Sera: "Das Urteil von Perugia wird eine neue Debatte über die italienische Justiz entfachen. Die vielen Indizien, aber kein sicherer Beweis im Verfahren, werden zu hitzigen Diskussionen führen. Jetzt muss man jedoch an Meredith Kercher denken, die mit 21 Jahren am Ende eines perversen Spiels ermordet worden ist. Die Schwurrichter haben beschlossen, dass Amanda Knox und Raffaele Sollecito nicht die Komplizen von Rudy Guedes waren. Dabei hatte ein anderes vom Kassationsgericht gefälltes Urteil festgestellt, dass Guede Komplizen hatte und dass sich vor vier Jahren drei Menschen bei der um ihr Leben ringenden Meredith befanden. Diese Personen müssen gesucht und verfolgt werden".

Messaggero: "Knox und Sollecito sind freigesprochen worden, sie haben daher unschuldig vier Jahre lang in Haft verbringen müssen. Amanda und Raffaele sind nicht mehr die teuflischen Geliebten, sondern die Opfer einer Justiz, die mit ihrer Langsamkeit Dramen und Schmerzen verursacht. Das Schwurgericht in Perugia hat auf indirekte Weise die Schuld des Ivorer Rudy Guede als einzigen Mörder bestätigt, der am Ende einer lückenhaften Untersuchung verurteilt worden ist". (APA)