Göttingen - Polygames Verhalten ist im Tierreich häufig zu beobachten. Dabei haben Biologen seit langem eine einleuchtende Erklärung für die Variante der Polygynie - also dass sich ein Männchen mit möglichst vielen Weibchen paaren möchte - parat. Das Gegenstück dazu, die Polyandrie, gibt jedoch Rätsel auf. Und tut dies auch weiterhin, nachdem Wissenschafter des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) in Göttingen das Paarungsverhalten von Grauen Mausmakis (Microcebus murinus) untersucht haben. Die Weibchen der kleinen Lemurenart aus dem Westen Madagaskars haben nämlich kürzlich eine Theorie zunichte gemacht.

Rollenverteilung

Dass Männchen möglichst viele Geschlechtspartnerinnen haben wollen, sei evolutionsbiologisch leicht zu erklären, schreiben die DPZ-Forscher: Sie erhöhten auf diese Weise ihre Chance auf Nachkommen. Bei Weibchen sehe dies anders aus. Ihr Fortpflanzungserfolg werde bei einer größeren Anzahl von Geschlechtspartnern nämlich nicht größer. 

Als mögliche Erklärung dafür boten Biologen bislang an, dass Weibchen einfach dem sexuellen Drängen der Männchen nachgeben. Woraus zu folgern wäre, so die Forscher, dass sich kräftige Weibchen, die sich Annäherungsversuchen leichter widersetzen können, in Summe mit weniger Männchen der anstrengenden Paarungsarbeit hingeben müssten. Körperlich schwächere Weibchen hingegen müssten eine größere Zahl von Paarungspartnern über sich ergehen lassen.

Die Untersuchung zeigte das genaue Gegenteil: Große, kräftige Weibchen haben mehr Geschlechtspartner und häufiger Sex als kleine. Und die Weibchen geben dabei nicht nur dem Drängen der Männchen nach, sie sind aktiv auf Partnersuche. Da Geschlechtsakte an den Kräften zehren, begnügen sich schwächere Weibchen hingegen mit weniger Männchen, erklärte die DPZ-Forscherin Elise Huchard. "Die Lemuren-Damen suchen aktiv nach wechselnden Geschlechtspartnern", so Huchard. Was für Vorteile sie daraus ziehen, bleibt fürs erste weiterhin unklar. (red/APA)