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Bad Tatzmansdorf - Es ist nicht so, dass Interimscoach Willi Ruttensteiner den österreichischen Fußball von allen Sorgen und Plagen befreit hat, aber das Trainingslager in Bad Tatzmannsdorf (Ruttensteiner sagt "Lehrgang in Bad Tatzmannsdorf") ist doch hochprofessionell abgelaufen. Die Einheiten wirkten durchdacht und sinnvoll, da steckte eine Strategie dahinter, auf die Versäumnisse Einzelner wurde konkret hingewiesen. Und Videos von sich selbst mussten die Spieler schauen, frage nicht.

Natürlich ist es ein nationaler Jammer, dass die beiden letzten Qualifikationspartien am Freitag in Aserbaidschan und am Dienstag in Kasachstan an Bedeutung durchaus überbietbar sind. Die EM-Endrunde wurde deutlich verfehlt. Das gilt freilich auch für Aserbaidschan und Kasachstan, insofern sind die Rollen gerecht verteilt. Dass sowohl in Baku als auch in Astana auf Kunstrasen gekickt wird, ist allerdings schon gemein, fast strafverschärfend. Innenverteidiger Sebastian Prödl sagt: "Andere Bewegungen, ein anderer Fußball. Wir müssen trotzdem versuchen, als Favorit aufzutreten."

Prödl ist nicht ganz so lange weg gewesen wie Andreas Ivanschitz (war unter Dietmar Constantini mehr als zweieinhalb Jahre verbannt), der Bremen-Legionär werkte zuletzt im Februar 2011 beim 1:3 in den Niederlanden im Team. Eine schwere Muskelverletzung im Gesäßbereich bedingte eine lange Pause, in Bremen zählt er wieder zum Stammpersonal. Prödl profitierte vom Wechsel des Per Mertesacker zu Arsenal. "Aber es lag auch an mir."

Der 24-Jährige registrierte das Scheitern in der Quali aus der Position des Unbeteiligten. "Wir müssen uns alle selbst an der Nase nehmen." Eine interessante Beobachtung habe er beim an sich guten 1:2 in Wien gegen Deutschland gemacht. "In den letzten zehn Minuten waren wir darauf bedacht, nicht zu verlieren. Die Deutschen waren darauf bedacht zu gewinnen." Mario Gomez traf in letzter Minute. Es gelte nun, Charakter zu zeigen. "Wir wollen uns gut präsentieren, dem neuen Teamchef positiv auffallen." Prödl meint nicht Ruttensteiner, sondern den Schweizer Marcel Koller, der die Matches im Fernsehen verfolgen wird und danach um einiges weiser sein dürfte

Die Handschrift des Berti Vogts

Ruttensteiner beschäftigt sich mit Aserbaidschan so intensiv wie die EU-Finanzminister mit Griechenland. Der 48-Jährige sagt: "Es wird ein harter Kampf gegen die große Einsatzbereitschaft. Man erkennt die Handschrift ihres Trainers Berti Vogts." Ruttensteiner schreibt den Seinen eine "schnelle Balleroberung" vor. "Es wird wichtig sein, dass wir bei Ballverlust den Gegner sofort stören. Denn so hoch ist das technische Niveau der Aserbaidschaner nicht, dass sie dann bis nach vorne kombinieren und zum Torabschluss kommen können."

Das Niveau der Österreicher im Test gegen Hartberg (4:0, Spielzeit zwei mal 30 Minuten auf Kunstrasen) hat Ruttensteiner allerdings auch nicht zu Luftsprüngen verleitet. "Das schnelle Umschalten von Offensive auf Defensive war nicht gut." Die Kritik richtete sich auch und vor allem an Marko Arnautovic. "Aber bei den Besprechungen ist er immer aufmerksam." Arnautovic wurde übrigens vom Sportgericht des deutschen Fußballbundes für drei Partien gesperrt, er hatte einen Spieler von Hannover getreten. Die Folgen trägt Werder, nicht Österreich.

Marc Janko ist fast schon traditionell leicht angeschlagen, es kann ja nicht alles neu sein. Durchaus möglich, dass der flinke Admiraner Philipp Hosiner im Angriff debütiert. Ruttensteiner: "Seine Einberufung ist sehr, sehr gerechtfertigt."

Die Reise wird heute, Donnerstag, angetreten. Der Flug nach Baku dauert vier Stunden, die Zeitverschiebung beträgt drei. Beides liegt nicht im Einflussbereich des Teamchefs. (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 06.10.2011)