Washington - Die Lage am US-Arbeitsmarkt hat sich unerwartet deutlich aufgehellt und damit die ärgsten Rezessionssorgen gedämpft. Die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft stieg im September um 103.000, wie das Arbeitsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Experten zeigten sich von dem kräftigen Stellenplus überrascht, hatten zuvor nur mit einem Zuwachs von etwa 60.000 Jobs gerechnet. Die Arbeitslosenquote verharrte aber weiter bei 9,1 Prozent, ein für US-Verhältnisse sehr hohes Niveau. Zudem wurden in den beiden Vormonaten fast 100.000 Jobs mehr aufgebaut als ursprünglich angenommen. An den Börsen kamen die neuen Daten aus den USA am Nachmittag recht gut an.
Im September stiegen außerdem die durchschnittlichen Stundenlöhne um 0,2 Prozent. Die meisten neuen Arbeitsplätze entstanden den Angaben zufolge im Dienstleistungsbereich, im Gesundheitswesen und im Bausektor. Insgesamt schuf die Privatwirtschaft im September sogar 137.000 Jobs, die unter massivem Spardruck stehenden Behörden bauten aber weiter Stellen ab.
Positiv auch die Korrekturen der Vormonate: Im August kamen demnach 57.000 Jobs hinzu. Zuvor hatten die Statistiker Nullwachstum gemeldet. Im Juli wurden 127.000 neue Stellen registriert, nachdem zuvor von 85.000 die Rede war. Zuwächse gab es im September vor allem in Dienstleistungssegment, im Gesundheitssektor und im Baugewerbe.
"Wir befinden uns in einer Erholung mit langsamem Wachstum",
sagte
Ökonom Patrick O'Keefe zu Bloomberg. "Wir fallen nicht zurück, aber
wir verringern auch nicht das außergewöhnlich hohe Niveau der
Arbeitslosigkeit." Laut Bloomberg liegt die Arbeitslosenquote seit
Februar 2009 über 8 Prozent - die längste Periode mit solch hohem
Stellenmangel seit Beginn der monatlichen Job-Aufzeichnungen 1948.
137.000 Neue in Privatwirtschaft
Insgesamt waren laut Ministerium 14 Millionen Amerikaner ohne Job. Das jüngste Stellenplus enthält allerdings die Rückkehr von 45.000 Beschäftigten des Telekomsektors, die wegen eines Streiks im August aus der Statistik herausgefallen waren. In der Privatwirtschaft zählten die Statistiker 137.000 neue Arbeitsplätze, während zugleich im öffentlichen Dienst 34.000 Jobs wegfielen.
Insgesamt reichte der Arbeitsplatzzuwachs im September nicht aus, um die in einer separaten Haushaltsbefragung ermittelte Arbeitslosenquote von 9,1 Prozent zu drücken.
Der US-Chefökonom von Swiss Re, Kurt Karl, sieht die Daten jedoch als Hoffnungszeichen: "Wenn es so weitergeht, können wir eine Rezession sicherlich vermeiden." Für das dritte Quartal wird ein Wirtschaftswachstum von aufs Jahr hochgerechnet mehr als 2 Prozent erwartet, nachdem in den Monaten von April bis Juni nur ein Plus von 1,3 Prozent heraussprang. Doch auch die erwartete Belebung wird voraussichtlich nicht ausreichen, um die hohe Arbeitslosigkeit rasch abzubauen. Einer Faustregel zufolge muss die weltgrößte Volkswirtschaft um mindestens 2,5 Prozent wachsen und Monat für Monat rund 150.000 neue Stellen schaffen, um die Jobmisere zu beenden.
Zuletzt mehrten sich die Stimmen, die vor den Folgen der Schuldenkrise in Europa auf die US-Wirtschaft warnten. Laut Fed-Chef Ben Bernanke steht die US-Notenbank bereit, um der Wirtschaft bei Bedarf mit neuen Milliardenspritzen unter die Arme zu greifen. Ökonom Rob Carnell von ING geht davon aus, dass die Fed schon bald handeln wird: "Von einem robusten Arbeitsmarkt sind wir noch weit entfernt." Die Fed werde wohl nach ihrer Zinssitzung am 2. November eine weitere Runde der Lockerung der Geldpolitik einläuten. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit muss US-Präsident Barack Obama im kommenden Jahr um seine Wiederwahl fürchten. Anfang September stellte er ein Konjunkturpaket im Volumen von 447 Mrd. Dollar (333 Mrd. Euro) vor, um den Arbeitsmarkt zu beleben. Davon erhofft sich das Weiße Haus die Schaffung von 1,9 Mio. Jobs. Die Republikaner, die das Repräsentantenhaus kontrollieren und im Senat Abstimmungen blockieren können, lehnen die Initiative aber ab. (APA/Reuters)