Elektromikroskopische Aufnahme der von den Forschern verwendeten Silizium-Brücke

Foto: Caltech/Painter et al.

Wien - Physikern aus Wien und den USA ist es erstmals gelungen, makroskopische mechanische Objekte mit Hilfe von Laserlicht in den Zustand mit der kleinstmöglichen Energie, den sogenannten Grundzustand, zu kühlen. Ihre Arbeit wurde in der neuen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlicht.

Es sind winzige Brücken aus Silizium, mit denen die Wissenschafter arbeiten - mehrere hundertstel Millimeter lang und nur etwa ein tausendstel Millimeter breit, aber immerhin aus einigen Milliarden Atomen bestehend. In diese Brücken wird Laserlicht einer bestimmten Frequenz eingebracht und - sobald es reflektiert wird - Wärmeenergie abtransportiert, wodurch das System gekühlt wird. Damit wurden sie in einen Zustand versetzt, in dem sie sich nach den Regeln der Quantenphysik verhalten. "Bislang ist das nur mit einzelnen Atomen oder Ionen gelungen", erklärt Oskar Painter, Professor für angewandte Physik am California Institute of Technology (Caltech) und Leiter des Forschungsprojekts.

Vorgeschichte

Markus Aspelmeyer vom Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) an der Universität Wien arbeitet schon seit einigen Jahren mit solchen mechanischen Brücken - mit dem Ziel auch bei vergleichsweise großen Objekten Quanteneffekte nachzuweisen. Bereits vor fünf Jahren ist es den Wiener Forschern gelungen, diese Brücken mit Laserlicht zu kühlen. Sobald die Plättchen Laserlicht reflektieren, wird dadurch Wärmeenergie abtransportiert.

Die mit diesem Kühlverfahren erreichten Temperaturen lagen allerdings noch weit vom sogenannten Quanten-Grundzustand entfernt. In diesem Zustand sind mechanische Schwingungen auf ein absolutes Minimum reduziert; die verbleibende "Nullpunkt-Schwingung" kann nur durch die Quantenphysik erklärt werden.

Ziel- ist zugleich neuer Startpunkt

Mit den neu designten Siliziumbrücken hat man nun den Grundzustand erreicht. Für die Wissenschafter ist das ein "Startpunkt für wirklich interessante quantenmechanische Experimente". Erst ganz nahe am Quanten-Grundzustand könnte man zum Beispiel zeigen, ob die dem Alltagsverständnis bizarr erscheinenden Gesetze der Quantenphysik auch für massive Objekte wie diese Plättchen gelten, etwa dass sich ein Objekt so verhält, als wäre es an zwei Orten gleichzeitig.

Dafür muss sich das mechanische Objekt zunächst sehr nahe am Quanten-Grundzustand befinden, wozu die Physiker zunächst die mechanische Brücke auf eine Temperatur unterhalb eines Zehntels eines Kelvins abkühlen mussten (der absolute Nullpunkt liegt bei null Kelvin bzw. minus 273,15 Grad Celsius). Da die Frequenz der mechanischen Schwingung einige Gigahertz beträgt, also mehreren Milliarden Schwingungen pro Sekunde, ist bei Zimmertemperatur noch eine große Anzahl von Phononen vorhanden. Die "Phononen" genannten Quasiteilchen sind die Quanten der mechanischen Schwingung - genauso wie die Photonen die Quanten des Lichts sind. "Um die Bewegung eines mechanischen Objekts in den 'Quanten-Grundzustand' zu kühlen, müssen daher alle Phononen der Bewegung entfernt werden", sagt Simon Gröblacher, Co-Autor der Studie.

Photonen gegen Phononen

Und dazu verwenden die Wissenschafter die Photonen des Lasers:"Wir haben die Photonen - das Lichtfeld - verwendet, um die Phononen aus dem System herauszubekommen", so Jasper Chan, Erstautor der Forschungsarbeit. Kleine Löcher werden dafür an speziellen Stellen in die mechanische Brücke gebohrt. Wenn Laserlicht einer bestimmten Frequenz entlang der Brücke geführt wird, bilden die Löcher eine Art Spiegel, zwischen denen das Licht reflektiert wird. Dadurch kommt es zu einer starken Wechselwirkung zwischen dem Licht und den mechanischen Vibrationen der Brücke, also zwischen Photonen und Phononen.

Das aus der "Spiegel"-Anordnung entweichende Licht trägt aufgrund dieser Wechselwirkung neben der Energie der Phononen auch Information über das mechanische Objekt nach außen, etwa dessen Bewegung und Temperatur. Auf diese Weise schaffen die Forscher eine effiziente optische Schnittstelle zu einem mechanischen Element. Dieser "optische Signalwandler" tauscht Informationen eines mechanischen Systems in Photonen um und könnte sich als äußerst hilfreich bei der Verknüpfung verschiedener Quantensysteme erweisen - beispielsweise zwischen optischen und Mikrowellen-Systemen. (APA/red)