Wien - Die Raiffeisen Bank International (RBI) will bei ihrer Ungarn-Tochter wegen des umstrittenen Fremdwährungsgesetz Kapital nachschießen. "Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit wird es eine Kapitalerhöhung geben", sagte der Finanzvorstand der börsenotierten Bank, Martin Grüll, am Freitag. Die Höhe ließ er offen. Ungarn werde für die Bank "schmerzhaft", im Moment sei es das "einzige Problemkind".

Auf rund 100 Mio. Euro werden die Kosten für Raiffeisen in Ungarn wegen des neuen Gesetzes geschätzt. Blieben die bisherigen Fristen, werde Raiffeisen spätestens im ersten Quartal 2012 die Wertberichtigung zur Gänze vornehmen müssen. Es könne aber auch sein, dass "wir bereits jetzt im 3. Quartal 2011 einen gewissen Verlust in dieser Position ausweisen werden," sagte der Manager im "Börse Express".

"Die Schätzungen, wie viele Kunden die vergünstigte Rückzahlung annehmen werden, gehen weit auseinander. Wir haben 1,4 Mrd. Euro an Hypothekarkrediten in Schweizer Franken vergeben", so der RBI-Finanzvorstand. Der von der ungarischen Regierung festgelegte fixe Wechselkurs für die Rückzahlungen sei "ein Haircut von 20 bis 25 Prozent" für die Bank. Während die ungarische Regierung davon ausgeht, dass 10 Prozent der ungarischen Kreditnehmer von Hypothekarkrediten in Fremdwährungen von der begünstigen Rückzahlung Gebrauch machen werden, rechnet die RBI mit 30 Prozent.

Ungarn können bis Jahresende eintauschen

Analysten schätzen die Kosten für die RBI auf rund 100 Mio. Euro, RBI-Chef Herbert Stepic bezifferte die Belastungen mit 120 Mio. Euro. Gegen das Gesetz, das für Grüll "faktisch eine Enteignung" ist, will die RBI "mit allen uns zur Verfügung Mitteln bekämpfen". In Ungarn soll eine Verfassungsklage eingebracht werden, die EU-Kommission solle die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens prüfen. Außerdem soll ein Schiedsverfahren wegen der Verletzung des österreichisch-ungarischen Investitionsschutzabkommens angestrengt werden, um von Ungarn Schadenersatz zu fordern.

Die ungarischen Kreditnehmer könne die Rückzahlungsanträge bis 31. Dezember stellen. Sie haben 60 Tage Zeit, das Geld auf den Tisch zu legen. Trotz der massiven Belastungen will sich die RBI aus Ungarn nicht zurückziehen, versichert der RBI-Finanzvorstand. "Ich gehe auch davon aus, dass sich keine andere Großbank aus Ungarn zurückzieht. Aber wir werden dort auch sicher nicht kräftig wachsen", fügte er hinzu.

Die RBI erwartet laut Grüll aus Ungarn in ihren Planungen keinen Ergebnisbeitrag. "Aber der Fairness halber muss man schon auch sagen, dass wir in den letzten Jahren - einschließlich 2008 - sehr gut in Ungarn verdient haben, zwischen 80 Mio. und 100 Mio. Euro." (APA)