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Hat CERN einen Widerspruch zu Einsteins Relativitätstheorie geliefert? Das Phänomen ist zwar vorerst immer noch nicht geklärt, aber Theorien gibt es bereits zuhauf.

Foto:AP/dapd

London/Genf/Wien - Als die Opera-Gruppe des europäischen Teilchenforschungszentrum (CERN) am 22. September seine erstaunlichen Ergebnisse der Fachwelt offenbarte, wurde nicht nur die sofort in helle Aufregung versetzt. Die Physiker hatten in einem unterirdischen Labor in den italienischen Abruzzen nach Neutrinos Ausschau gehalten, die im rund 731 Kilometer entfernten Genf auf die Reise geschickt worden waren.

Laut ihren Messungen waren die Elementarteilchen geringfügig schneller unterwegs, als die Relativitätstheorie von Albert Einstein eigentlich erlaubt - eine physikalische Weltsensation. Laut Einstein markiert nämlich das Licht die oberste Geschwindigkeitsgrenze im Universum. Die Teilchen aus dem CERN waren aber um lächerliche 0,025 Promille schneller als das Licht.

Die Physiker hatten vergeblich nach allen möglichen Messfehlern gesucht und sich deshalb zur umstrittenen Veröffentlichung entschlossen. Diese wurde vom CERN-Generaldirektor Rolf Heuer am Donnerstag verteidigt. Er beharrte darauf, dass man korrekt vorgegangen sei: Zuerst sei die wissenschaftliche Publikation erfolgt, danach die Medieninformation. Physikerkollegen hatten in den vergangenen zwei Wochen kritisiert, dass die Öffentlichkeit über die Messergebnisse informiert wurde, noch bevor sie in einem weiteren Experiment bestätigt worden seien. Zudem hätten entscheidende Hinweise über die konkrete Durchführung der Messungen gefehlt. Nichtsdestotrotz wurden seit der umstrittenen Publikation am Vorab-Server arXiv.org mehr als 30 Artikel veröffentlicht, die zum Teil mit höchst exotischen theoretischen Spekulationen rund um das bislang unerklärliche Phänomen aufwarten.

Bereits vom 28. September stammt ein arXiv-Artikel des Physikers Carlo Rinaldi (Imperial College London), das die bisher plausibelste Erklärung für einen möglichen CERN-Messfehler enthält, wie "Nature News" berichtet. Rinaldi vermutet, dass die Opera-Physiker bei der Synchronisierung ihrer Uhren womöglich übersehen haben, dass diese aufgrund der ganz geringen Gravitationsunterschiede in Genf und Gran Sasso auch geringfügig anders ticken.

Dario Autiero, der Koordinator von Opera, hat Rinaldis Kritik zurückgewiesen. Ihr E-mail-Austausch über die Frage dauert nach wie vor an. Rinaldis Kollege Toby Wiseman geht indes ebenfalls davon aus, dass die Synchronisation der Uhren die entscheidende Frage sei. Und er kritisierte, dass die Opera-Gruppe externen Kritik erschwert habe, da nicht jedes Detail der Messmethode publiziert worden sei. (tasch