Viele haben erwartet, dass der diesjährige Friedensnobelpreis an Vertreter des Arabischen Frühlings gehen würde - und damit das große "Friedensereignis" 2011 gewürdigt würde (auch wenn noch längst nicht klar ist, was sich am Ende daraus entwickeln wird). Nun, das ist auch geschehen. Aber eben nicht so wie erwartet.
In allen sogenannten Revolutionen und Anti-Regime-Protesten haben Frauen eine herausragende Rolle gespielt. Sie sind nicht nur in Tunesien und Ägypten an der Seite ihrer männlichen Mitstreiter auf die Straße gegangen. Unvergessen sind die Bilder der jungen Iranerinnen 2009, die, in die grüne Farbe der Protestbewegung gehüllt, ihre Hände zu Victory-Zeichen in die Höhe reckten. Dass dieses Engagement nicht unbedingt zu gleicher Teilhabe führt, wenn die Ziele erreicht sind, zählt zu den bitteren Lektionen.
Der Nobelpreis für die Jemenitin Tawakul Karman ist eine Anerkennung der Rolle von Frauen in diesem Prozess und eine Ermutigung, diesen Weg weiterzugehen. Gleichzeitig weist er mit der Auszeichnung der Liberianerinnen Leymah Gbowee und Ellen Johnson-Sirleaf darauf hin, dass Frauen in allen Konflikten einen entscheidenden Unterschied machen können und müssen. Schon immer sollte der Preis auch ein Anstoß sein, ein Impuls. US-Präsident Barack Obama ist seinen Vorschusslorbeeren nicht gerecht geworden. Zu hoffen ist, dass die diesjährige Botschaft des Nobelkomitees besser gelesen wird. (DER STANDARD, Printausgabe, 8.10.2011)