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Der ÖBB-Güterverkehr will sich auf Stahl, Rohstoffe, Öl und Chemie fokussieren und Lkw-Züge nur führen, wenn sie sich rechnen. Dabei bleibt auch so manche Führungskraft auf der Strecke.

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Wien - Der Exodus von ÖBB-Spitzenmanagern, die in der Ära des früheren Verkehrsministers Werner Faymann installiert wurden, geht weiter. Am Mittwoch traf es den vor einem Jahr in die Speditionstochter Express-Interfracht (EX-IF) abgeschobenen Friedrich Macher. Der langjährige Geschäftsführer der Spedition Kühne & Nagel war im Februar 2008 auf einem ÖVP-Ticket an die Spitze der ÖBB-Gütersparte Rail Cargo Austria (RCA) berufen worden.

Unter Machers Ägide erhielt RCA zwar nicht den Zuschlag für den der Erwerb der ungarischen Güterbahn MávCargo um damals umgerechnet rund 407 Millionen Euro, der Deal wurde aber unter Macher, Finanzvorstand Günther Riessland und Ferdinand Schmidt ohne Konsortialpartner Raaberbahn besiegelt. Ein Jahr und eine Finanzkrise später stand MávCargo vor dem Kollaps.

In der ÖBB wollte man die Causa nicht kommentieren. Kommerzialrat Professor Friedrich Macher "ist ab sofort nicht mehr Geschäftsführer" der Express-Interfracht Internationale Spedition, heißt es in einem dürren Einzeiler im ÖBB-Intranet. Über die Modalitäten der Abfindung verhandelte die aus Erik Regter und Andreas Fuchs bestehende RCA-Führung am Freitag. Machers Vertrag wäre bis Ende 2012 gelaufen, die Gage sei seit dem Downgrading in die EX-IF im November 2010 aber deutlich niedriger, sagen ÖBB-Insider. Macher war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Über die Hintergründe der Rochade - von der damaligen RCA-Führungsgarde ist nur mehr Ferdinand Schmidt als Geschäftsführer der ÖBB-Produktion im Sold der ÖBB - gehen die Schilderungen auseinander. Faktum ist, dass der gesamte frühere RCA-Vorstand in der Hauptversammlung im Sommer nicht entlastet wurde. Nach einer umfangreichen Sonderprüfung durch die ÖBB-Konzernrevision, der bereits Sonderprüfungen von RCA-Auslandstöchtern in Griechenland Italien, Slowakei und Rumänien vorangegangen waren, wird der ÖBB-Führung nun in gutachterlichen Stellungnahmen der Kanzleien Lansky & Ganzger, CMS Reich-Rohrwig und PricewaterhouseCoopers empfohlen, zumindest Teilen des früheren RCA-Vorstands die Entlastung weiterhin nicht zu erteilen. Und: Die ÖBB möge mit Ungereimtheiten behaftete Geschäftsfälle in Italien, Rumänien und der Türkei in Form einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übergeben.

Ob ÖBB-Holding-Chef Christian Kern, er präsidiert zugleich den Güterverkehrs-Aufsichtsrat, dieser Empfehlung nachkommen wird, war am Freitag nicht zu eruieren. Seitens der ÖBB gab es zu den brisanten Vorgängen keinerlei Stellungnahme.

Fix ist nur, dass die Luft zwischen SPÖ und ÖVP die Bundesbahn betreffend derzeit wieder einmal ziemlich dick ist. "Das bedeutet Krieg", sagt ein mit der Materie befasster Nationalratsabgeordneter des ÖVP-Klubs.

Viele Fragen bezüglich des Kurses der RCA lässt auch die vor zwei Wochen zwecks Strategiefindung abgehaltenen außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der ÖBB-Holding offen. Gemeinsam mit einem großen Partner beackern will RCA gemäß Sitzungsunterlagen nämlich nicht nur Länder Süd- und Südosteuropas (Bulgarien, Türkei), sondern die großen Märkte Deutschland, Ukraine und Russland. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 8.10.2011)