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Erste-Group-Chef Treichl bringt seine Bank für eine langanhaltende Krise in Stellung.

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Wien - Gewinnziele zu kappen steht bei Europas Großbanken jetzt an der Tagesordnung, die Erste Group allerdings hat am Montag die Börsianer geschockt. 700 bis 800 Mio. Euro Verlust erwartet Erste-Chef Andreas Treichl für 2011. Bisher wäre ein Gewinn in dieser Größe geplant gewesen. Ende September lag der Verlust bei fast einer Milliarde.

Schuld sind Sonderabschreibungen wegen der Staatsschuldenkrise und schwierige Verhältnisse im Osten was vor allem zu teuren Firmenwertabschreibungen der Töchter in Ungarn und Rumänien führte. Das brachte nun im dritten Quartal eine milliardenschwere Ergebnisbelastung - Einmaleffekte nach einer Bilanz-Auskehr, wie die Erste betont.

Für die Aktionäre gibt es keine Dividende für 2011, wohl aber für das staatliche Partizipationskapital. Eine geplante vorzeitige Tilgung des staatlichen Kapitals (1,2 Mrd. Euro) wurde um mindestens ein Jahr verschoben. Die Aktie der Erste Group brach um fast 16 Prozent ein. Treichl schloss heute bei einer Pressekonferenz am Vormittag aus, dass er sich beim österreichischen Staat um neue staatliche Eigenkapitalhilfen bemühen wird: "Wir haben jetzt die Rückzahlung des staatlichen Partizipationskapitals verschoben. Mehr wollen wir ganz hundertprozentig nicht aufnehmen. Da müsste man uns hinprügeln".

Warm anziehen

Mit diesen "harten Schnitten" bereite sich die Bank darauf vor, dass sich die Staatsschuldenkrise noch weiter ausbreitet und die Realwirtschaft mit sich zieht. "Wir ziehen uns warm an. Und warm anziehen ist teuer", sagte Treichl am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Von der scharfen Reaktion der Börse - der Nachricht folgte heute früh ein Kurssturz um fast 16 Prozent - war er nicht überrascht. "Ich habe mir nicht erwartet, dass der Kurs dramatisch steigt, nach dem was wir heute bekannt geben."

Die Hoffnungen, dass die Politik in Europa bald zu klaren Richtungsentscheidungen zur Lösung der Schuldenkrise kommt, hätten sich zerstreut. Treichl erwartet für Griechenland einen Schuldenschnitt von rund 50 Prozent. Vor Beschlüssen darüber erwartet Treichl von Europas Politik auch keinerlei Beschlüsse über Banken-Rekapitalisierungen. Freilich werde auch dann privates Kapital nur dorthin fließen, "wo dieses Damoklesschwert nicht drüberhängt", schätzt Treichl. Unsicherheiten dürften also noch länger anhalten.

Abschreibungen von Bankbeteiligungen in Osteuropa, auf Staatsanleihen von Krisenstaaten sowie auf Credit Default Swaps bescherten in den ersten drei Quartalen 2011 einen Verlust von 920 bis 970 Mio. Euro. Bisher war von einem Gewinn von 700 Mio. Euro bis Ende September ausgegangen worden.

Verlust statt Gewinn

Für das gesamte Jahr 2011 erwartet Vorstandschef Andreas Treichl nun einen Verlust von 700 bis 800 Mio. Euro - statt eines Nettogewinns von 850 bis 950 Mio. Euro. Die Erste betonte, das Kapital bleibe weiter auf dem früheren Niveau (9,2 Prozent), weil das Betriebsergebnis "stark" bleibe. Auch die Liquiditätslage sei nicht tangiert.

In der Ungarn-Bankentochter wird der Firmenwert von 312 Mio. Euro vollständig abgeschrieben. Wegen der "besorgniserregenden" politischen und wirtschaftlichen Entwicklung würden in dem Land zusätzliche Risikovorsorgen von 450 Mio. Euro gebildet - in Summe also 762 Mio. Euro Zusatzaufwand. In Rumänien wird der Firmenwert der dortigen Banktochter BCR um 627 Mio. Euro abgeschrieben.

Weitere 180 Mio. Euro an Abwertungen fallen an, weil die Credit Default Swaps zum aktuellen Marktwert abschreibt. Drastisch heruntergefahren wurde der Bestand an Anleihen und Euro-Krisenländern. In Griechenland und Portugal hat die Erste nur noch 10 Mio. Euro offen.

Treichl: "Das ist keine Zeit für Fragezeichen und schon gar nicht für Fragezeichen in Bankbilanzen. Wir ziehen die Konsequenzen daraus". Die Bank habe die Staatstitel-Außenstände in Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Irland von 1,9 Mrd. Euro zu Jahresbeginn auf jetzt 650 Mio. Euro reduziert.

Treichl sprach von "radikalen Schnitten". Damit stelle er die Bank auf eine längere Periode der Unsicherheit ein. Die Hoffnungen, dass es für die Euro-Staatsschuldenkrise in nächster Zeit eine Lösung geben werde, hätten sich in den letzten Wochen sehr reduziert. Treichl geht davon aus, dass von der jetzigen Krise die Realwirtschaft getroffen wird, auch in Osteuropa, wo die Bank tätig ist. (APA)