Das Steinerne Meer und der Böhmerwald. In Tourismus und Kultur funktioniert die Grenzüberschreitung bestens.

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Holzskulpturen von Künstlersymposien in den 1990er-Jahren prägen das Ortsbild von Schwarzenberg.

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Schwarzenberg - "Eh schön, vor allem landschaftlich. Aber halt auch am Ende der Welt" - ein Satz, den Bernhard Hain mit gewohnter Regelmäßigkeit hört. Routiniert tritt der Bürgermeister von Schwarzenberg im Böhmerwald daher auch jedes Mal den Gegenbeweis an. Man sei nicht das Ende, sondern "vielmehr der Anfang". Hain: "Wir sind die erste Gemeinde, wenn Sie von Deutschland nach Österreich einreisen. Und bitte: Von Schwarzenberg aus ist man in zweieinhalb Stunden in Prag und braucht nicht einmal so lang nach Wien. In München ist man in eineinhalb Stunden. Eigentlich liegen wir sehr zentral."

640 Einwohner bevölkern heute die Böhmerwaldgemeinde. Die Nähe zur tschechischen Grenze, die Natur und die Kultur sind die wesentlichen Merkmale, die Schwarzenberg ausmachen. So ist die Atmosphäre des kleinen Bildhauerortes geprägt von vielen Holzskulpturen - markante Erinnerungen an die zwei Schwarzenberger Künstlersymposien 1992 und 1995. Der Name der Gemeinde ist übrigens nicht, was durchaus naheliegend wäre, fürstlichen Ursprungs. Vielmehr leitet sich Schwarzenberg vom dunklen Bergrücken des sogenannten Steingupfes, lokal "Teufelsschüssel" genannt, ab.

Grenzen im Kopf

1989 hat sich für Schwarzenberg viel verändert. Der Eiserne Vorhang ging quasi direkt vor der Ortseinfahrt hoch. Hoffnungen keimten auf Mühlviertler Boden. Lichtblicke für eine wirtschaftlich benachteiligte Region. 22 Jahre später muss man erkennen, dass der Wille allein keine Grenzen einreißt. In vielen Bereichen funktioniert zwar die Kooperation mit den tschechischen Nachbarn, rund wie ein böhmischer Knödel läuft es aber dennoch nicht. Hain: "Allein die Distanz ist ein Problem. Mit der Errichtung des Eisernen Vorhangs wurden die Dörfer an der Grenze alle geschleift. Unsere Partnerstadt Horní Planá liegt eine Stunde Autofahrt entfernt. Das ist schwierig."

Verbindende Langlaufspur

Aber nicht nur die geografische Weite birgt Probleme. Immer noch gebe es die Grenzen im Kopf - auch in Schwarzenberg. Hain: "Ich habe dafür leider keine Erklärung, aber es ist so." Dazu kommen noch Sprachprobleme. Nur bedingt seien die Menschen bereit, Tschechisch zu lernen. Hain: "Beim letzten Tschechisch-Kurs der Gemeinde gab es nur zehn Teilnehmer. Aber es ist halt auch eine schwierige Sprache." Mit den bayerischen Nachbarn habe man diese Probleme nicht.

Grenzenlos scheinen hingegen Tourismus und Kultur zu sein. Ohne Bedenken wird im Dreiländereck geradelt und gewandert. Die Langlaufloipe, die direkt durch Schwarzenberg führt, ist quasi eine "internationale" Durchzugsspur. Dank Adalbert Stifter ist die kulturelle Ehe mit Horní Planá als stabil zu bezeichnen. In Oberplan wurde Stifter geboren, in Schwarzenberg nächtigte der Schriftsteller witterungsbedingt mehrmals. Und zum jährlichen Schwarzenberger "Budlhaumfest" strömen tausende Menschen aus Bayern und Tschechien.

Die wirtschaftliche Lage bereitet Hain hingegen Kopfweh: "Auch wenn die hohe Politik das gern anders sieht, es funktioniert großteils nicht. Für Firmen ist es schwer, in Tschechien Fuß zu fassen. Ohne eine aktive Grenzlandförderung wird es nicht gehen. Und die Zeit drängt, denn derzeit erleben wir in Tschechien einen Bauboom wie bei uns in den 70er-Jahren. Diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen." (Markus Rohrhofer, STANDARD-Printausgabe/Crossover, 11.10.2011)