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Egal, ob mit oder ohne 3-D-Brille: Räumliches Sehen von Videos funktioniert nur dann, wenn das natürliche binokulare Sichtfeld des Menschen technisch perfekt nachgeahmt wird.

Foto: AP/AKIRA SUEMORI

"Unsere Familien hatten ein wenig Angst, dass wir in Zukunft nur einem sehr aufwändigen Hobby nachgehen wollen", erinnert sich der Computerwissenschafter Tom Wilson. Sein Kollege Florian Seitner ergänzt: "In unserem Bekanntenkreis standen wir da wie die Cowboys, die mit wilden Effekten aus der Hüfte schießen."

Vor rund eineinhalb Jahren beschlossen Wilson und Seitner, der stark wachsenden 3-D-Filmindustrie mit neuen Technologien unter die Arme zu greifen. Doch selbst wenn trotz ihrer "Effekte" bislang noch keine Hollywoodhelden aus der Kinoleinwand steigen: Nach wenigen Monaten verfügten sie bereits über die passenden Werkzeuge für einen Werbefilm, in dem das Auto eines deutschen Konzerns auch ohne spezielle Brille dreidimensional zu sehen ist.

"Wir haben das Projekt Emotion 3D mit einem großen technologischen Vorsprung begonnen", erklärt Wilson die ungewöhnlich kurze Zeit vom ersten Businessplan bis zur Umsetzung. Denn an diesem Spin-off der TU Wien für 3-D-Videoprocessing haben sich zudem zwei Forscher beteiligt, die bereits bestens mit der Materie vertraut sind: Margrit Gelautz beschäftigt sich schon seit 15 Jahren mit der Möglichkeit, stereoskopische Videobilder und das Fernsehen besser zusammenzubringen. Und Michael Bleyer gilt längst auch international als Experte für die Nachbearbeitung dreidimensionalen Bildmaterials.

Nachjustierbare Dimensionen

Was Emotions 3D innerhalb weniger Monate durch diesen Innovationsvorsprung umsetzen konnte, ist jedenfalls beachtlich: Zum einen schafften es die Entwickler, bereits bestehende 3-D-Videobilder durch ihre Software so aufzubereiten, dass Räumlichkeit auch ohne lästige stereoskopische Brille sehr realistisch wahrgenommen wird. Zum anderen sorgt diese Nachbearbeitung dafür, dass fehlerhaft aufgenommene - und noch dazu sehr kostspielig produzierte - 3-D-Bilder nicht wertlos sind.

So ist das dreidimensionale Sehen von Videos ohne Brille zwar keine ganz neue Technologie, aber bis vor kurzem bereitete sie vor allem den Zuschauern noch gehöriges Kopfweh: Sind die überlappenden Bilder schlecht justiert, wirkt der virtuelle 3-D-Effekt nicht nur zu "matt", sondern er kann auch den unerwünschten Nebeneffekt von echten Augenschmerzen erzeugen. Durch die neue Möglichkeit, Aufnahmen von mehreren Kameras nachträglich per Software besser aufeinander abzustimmen, wird das nun weitgehend ausgeschlossen. Die Intensität der dreidimensionalen Wirkung kann jederzeit verstärkt oder reduziert werden, zusätzliche wichtige Parameter wie die Tiefe oder auch die Farbsättigung lassen sich nach dem Dreh noch beeinflussen.

Auf der International Broadcasting Convention in Amsterdam, wo das fertige Produkt vor wenigen Tagen vorgestellt wurde, lobten zudem Filmschaffende das Verfahren: Die Qualität des Postprocessings sei außergewöhnlich hoch, obwohl die Kosten pro verarbeitete Filmminute relativ gering seien. Somit eigne sich dieses Verfahren natürlich auch für sehr kostspielige 3-D-Blockbuster. Wenig verwunderlich also, dass die Gründer von Emotion 3D heute gerne verraten, wie - und vor allem wie rasch - sie den Weg von der Idee zum Produkt bestritten.

Gründen und loslegen

Erst im Dezember 2010 nahmen sie den Gründerservice der Wiener Universitäten und Fachhochschulen (Inits) in Anspruch. "Unser Schwerpunkt liegt auf dem Schutz geistigen Eigentums", erklärt Irene Fialka. Allerdings würden in diesem Netzwerk ebenso Rechtsberatung oder einfach nur Büros zum "Losarbeiten" angeboten, fügt die Inits-Beraterin hinzu.

Nur kurze Zeit später konnten Wilson und Seitner auch die Austria Wirtschaftsservice (AWS) von ihrem Vorhaben überzeugen und so eine Förderung durch das Wirtschaftsministerium lukrieren. "Ohne weitere Mittel hätten wir unsere Entwicklung schon nach sechs Monaten einstellen müssen", ist Wilson überzeugt.

"Auch wir sind daran interessiert, dass geförderte Projekte patentierbar sind. Allerdings ist das bei Software kaum möglich", erklärt Karl Schiller von der AWS. Dass sie dennoch äußerst ertragreich sein können, belegt er mit einem aktuellen Beispiel: Die 2005 mithilfe einer ähnlichen "Seed- Finanzierung" (siehe Wissen unten) gegründete Computerfirma Dynatrace wurde eben erst um rund 190 Millionen Euro verkauft. "In solchen Fällen darf eine frühere Förderung natürlich auch zurückgezahlt werden", ergänzt Schiller.(DER STANDARD, Printausgabe, 12.10.2011)

=> Wissen: 3-Step-Hightech

Wissen:3-Step-Hightech

Eine sogenannte Jitu-Förderung (für junge, innovative und technologieorientierte Unternehmer) gewährt die Austria Wirtschaftsservice (AWS) im Auftrag des Wirtschafts- und Infrastrukturministeriums. Sie sieht drei Schritte vor: Im Pre-Seed-Stadium wird die Vorprojektphase unterstützt. Die Seed-Finanzierung ist für die Gründung und den Aufbau von Hochtechnologieunternehmen gedacht. Durch das "Management auf Zeit"-Modul kann später auch Experten-Know-how in ein Start-up mit Führungsproblemen "eingekauft" werden. Maximale Finanzierung: eine Mio. Euro - erfolgsabhängig rückzahlbar. (saum)