Wien - Wo der Weltverband der Zeitungen diese Woche in Wien tagt, nimmt der Präsident des österreichischen Zeitungsverbandes Maß an der Medienwelt: "Mir ist in der Dimension international kein Land bekannt, in dem eine solche Praxis geübt wird", staunt Hans Gasser über die Vergabe von Inseraten öffentlicher Stellen.

Der Präsident des Zeitungsverbandes kritisiert Regierung und staatsnahe Unternehmen hart: "Das Ausmaß öffentlicher Werbeausgaben ist in Österreich im Verhältnis sehr hoch und sehr ausgeprägt. Die Art und Weise, wie das bei uns abläuft, ist inakzeptabel."

Gasser vermutet Tauschgeschäfte insbesondere von Kanzler Werner Faymann (SPÖ), Inserate gegen freundliche Berichterstattung: "Es ist kein Geheimnis, dass es seitens der Politik immer wieder Wünsche in Richtung redaktionelles Wohlverhalten gibt. Wenn es um Millionen von Inseratenaufträgen geht, dann wird auch versucht einen Zusammenhang herzustellen. Aus unserer Sicht darf es nicht zur Verführung des Public Watchdog kommen."

Laufend aufgedeckte "freihändige, marktverzerrende" Inseratendeals demonstrierten "gerade die Notwendigkeit, dass Transparenz einziehen muss". Das geplante Medientransparenzgesetz sei "unverzichtbar". Transparenz fördere Objektivierung. Doch Regierung, Ministerien und Staatsunternehmen müssten selbst ein vernünftiges Prozedere entwickeln, das fair sowie korrekt funktioniert und objektive Spielregeln der politischen oder öffentlichen Kommunikation berücksichtigt.

Transparenz fordern die Zeitungsverleger auch punkto Offenlegung, wem Medien tatsächlich gehören. Etwa mit Blick auf Stiftungen hinter "Heute" und "Österreich". (APA, red/DER STANDARD; Printausgabe, 12.10.2011)