Astana/Wien - Der kasachische Verbandsfunktionär ist ein rechter Schelm. Er sagte nach dem 0:0 gegen Österreich , dass er sich auf ein Wiedersehen in der WM-Qualifikation freue. "Wir bleiben länger in Kontakt, fahren beide nach Brasilien und bestreiten dort das Finale." Und er hielt sich den Bauch vor Lachen, vielleicht hat der liebe Gott den Humor in Astana geschaffen. Der gewöhnliche Österreicher lachte mit.
Es gilt, die verpfuschte EM-Quali zu vergessen. Der bescheidene Abschluss passte ins gesamte Bild, die Reaktionen nach dem Remis wirkten zum Teil befremdlich. Immerhin habe man zu null gespielt, hieß es vonseiten einiger Spieler. "Es ist unerfreulich, aber es ist kein Beinbruch", sagte ÖFB-Präsident Leo Windtner.
Paul Scharner zählt zu den Alphatieren im Team, er forderte die Schaffung einer österreichischen Siegermentalität und eines österreichischen Spielsystems. "Es darf nicht passieren, dass wir uns von Kasachstan einschüchtern lassen. Wir müssen lernen, zum richtigen Zeitpunkt vernünftig arrogant zu sein." Kasachstan ist ganz nebenbei die Nummer 132 in der Weltrangliste. Aber das reichte, um dem langsamen Kunstrasen in der Astana Arena eine Teilschuld zu geben. Fakt ist: Die Nationalmannschaft ist nicht in der Lage, gute oder relativ gute Ergebnisse zu bestätigen, einen zumindest kurzen Lauf zu starten. Nach dem 4:1 in Aserbaidschan durfte man zumindest hoffen. Vergeblich.
Interimscoach Willi Ruttensteiner hat es überstanden. "Ich wollte sechs Punkte, also kann ich nicht ganz zufrieden sein. Es war ein undankbarer Job, weil ich das Risiko hatte, mich zu blamieren. Das wurde vermieden. Es fehlt nach wie vor an Stabilität." Ruttensteiners Arbeit (Schwerpunkt Taktik) wurde von den Kickern hochgelobt. Christian Fuchs: "Wir haben neue Schritte in die richtige Richtung gesetzt."
Und jetzt geht der Schweizer Marcel Koller weiter. Fuchs: "Wir freuen uns alle sehr. Es ist gut, wenn ein Trainer von außen kommt." Windtner hört solche Sätze gerne, da wird ihm warm ums Her-zerl. "Sie sind ein Beleg dafür, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Wir werden mit Koller strukturelle Weichen stellen, man wird seine Handschrift rasch merken." Koller genieße die volle Rückendeckung. "Auch wenn er ein-, zweimal verliert." Die erste Chance hat er am 15. November in der Ukraine.
Marc Janko und Andreas Ivanschitz ("Ich war mit meinem Comeback zufrieden, es war schön, zweimal die Hymne zu hören") gehen prinzipiell davon aus, dass das Potenzial und die Qualität des Kaders reichen müssten, um ein Großereignis zu bereichern. "Wenn alles passt." Es passt halt nicht alles, "Potenzial" und "Qualität" sind im Zusammenhang mit Fußball seit Jahren eine Leier. Scharner beruhigt: "Estland kommt in ein Playoff. Warum nicht auch Österreich?"
Windtner verblüffte mit der Aussage, dass es unter Koller "um eine signifikante Verbesserung" gehe. "Ob das reicht, um sich für die WM 2014 zu qualifizieren, weiß ich nicht." Nach heutigem Stand der Dinge und angesichts der Gegner reicht es nicht. Deutschland ist weit weg, Schweden hat das Ticket zur EM 2012 direkt gelöst, Irland steht im Playoff. Die Färöer sind die Färöer, und gegen Kasachstan muss auch erst einmal gewonnen werden. Windtner: "Wenn bei der EM 2016 in Frankreich 24 Teams dabei sind und Österreich nicht vertreten ist, wäre das fatal."
Vom Potenzial und der Qualität her ist diese Pein nahezu auszuschließen. Sofern alles passt. (Christian Hackl, DER STANDARD, Printausgabe, 13.10.2011)