Der Platz vor dem Stephansdom in Wien wird belebt von Straßenmusikanten, Gauklern, Akrobaten, fliegenden Händlern und Massen gaffenden Volks. Fehlen nur noch ein paar öffentliche Hinrichtungen und die Atmosphäre vergangener Jahrhunderte ist wieder hergestellt. Das geht schon seit Jahren so.

Jetzt hat die katholische Kirche beschlossen, aus dem Dom auszubrechen und im Zuge einer "Stadtmission", einer "Neuevangelisierung" ebenfalls am Domplatz ein gewaltiges Rambazamba zu veranstalten. Die Stadtmission ist eine europaweite Veranstaltung und Kardinal Schönborn hat sich auch die Erzbischöfe von Paris, von Lissabon und Antwerpen als Unterstützung geholt. Von einer Bühne rechts neben dem Haupttor des Stephansdomes dröhnte es daher die letzten Tage wie sonst nur bei Rockkonzerten (die Wiener Innenstadt ist somit an manchen Tagen vom BUM-BUM der Bässe flächendeckend beschallt - vom Rathausplatz bis zum Stephansplatz).

Die Kirche wird kritisiert, weil sie sich offenbar entschlossen hat, der Eventkultur ihren Tribut zu zollen. Ob das gut geht oder ob es etwas bringt, ist natürlich umstritten. Es ist eine riskante Offensive, aber immerhin der Versuch, aus der Defensive zu kommen. (rau, DER STANDARD Printaugabe 31.5.2003)