Dresden - Die Heilungschancen für einen chronischen Tinnitus (Hörstörung) sind nach Medizinerauskunft dank einer komplexeren Therapie auf rund 80 Prozent gestiegen. "Damit liegen sie drei bis vier Mal so hoch wie noch vor wenigen Jahren", sagte der Direktor der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität Tübingen, Hans-Peter Zenner, in Dresden. Beim Tinnitus hört der Patient ohne äußere Quelle ständig einen mehr oder minder hohen Pfeifton.

"Diese Schädigung des Innenohrs kann unter anderem durch Lärm, Nebenwirkungen von Medikamenten oder Umweltgifte ausgelöst werden", sagte Zenner. Das Geräusch im Ohr brauche aber einen Empfänger - das Gehirn. "Hier setzt die Therapie an", erklärt Zenner. Das Hirn eines Tinnitus-Kranken sei auf den Ton geradezu fixiert. "Experten sprechen von Sensitivierung."

Die moderne Hirnforschung habe gezeigt, dass der für das Hören zuständige Bereich des Gehirns zeitgleich nur einen Reiz wahrnehmen könne. "Also trainiert der Arzt mit dem Patienten, in seinem Kopf ein anderes Bild entstehen zu lassen, das das Geräusch überdeckt und bestenfalls verdrängt", sagte Zenner. Diese Übung sei anstrengend und könne bis zu einem Jahr dauern. "Aber die Therapie hat Erfolg", resümiert der 55-jährige Professor.

Zenner trat auch der landläufigen Vorstellung entgegen, Tinnitus habe psychische Ursachen. "Eine gewisse negative Grundeinstellung des Patienten kann die Wahrnehmung des Geräusches zwar verstärken, löst sie aber nicht aus", sagte er. (APA/dpa)