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Vorzugsweise wird Sonnenblumenöl für das Ölziehen empfohlen. Alternativ ist die Methode aber auch mit Olivenöl, Sesamöl und diversen anderen Pflanzenölen praktizierbar.

Man nehme morgens vor dem Frühstück einen Esslöffel Pflanzenöl, vorzugsweise kalt gepresstes Sonnenblumenöl, in den Mund und ziehe, sauge und bewege es 15 bis 20 Minuten durch den selbigen. Anschließend spucke man das "durchgekaute" Öl, das nun eine milchige Konsistenz aufweist, auf ein Stück Papier und verbrenne es.

So und nicht anders, wird Ölziehen gemacht. Doch was soll das ungewöhnliche Procedere bringen? Schenkt man dem russischen Mediziner Fedor Karach Glauben, dann bringt Ölziehen sogar unglaublich viel. Der Mann stellte die Heilmethode 1991 auf einer Ärztetagung in der ehemaligen UdSSR erstmalig vor. Mittlerweile erfreut sich das Verfahren großer Beliebtheit, von der insbesondere Ölmühlen profitieren.

Allumfassende Heilung

Anhänger bestätigen, was Karach bereits 1991 propagiert hat: Mit dem Ölziehen ließen sich Krankheiten heilen, und das nicht zu knapp. Die Liste an Erkrankungen gegen die das Öl angeblich wirkt, ist in der Tat beeindruckend. Zahnschmerzen, Mundgeruch, Apthen, eiternde Zahnherde, Sinusitiden und Halsentzündungen sollen damit erfolgreich behandelt werden. Und nicht nur lokal tut das Öl vermeintlich seine Wirkung. Ganz nebenbei soll es noch von Kopfschmerzen, Bronchitis, Arthrose, Magengeschwüren, Hauterkrankungen und Herz-Kreislaufproblemen befreien. Prophylaktisch sollen sich damit sogar Krebserkrankungen verhindern, beziehungsweise bereits bestehende Tumore erfolgreich behandeln lassen. Diese allumfassende Wirkung ist laut Befürwortern der angeblich entgiftenden Wirkung des Öls zu verdanken. Dem Organismus werden Schlacken und Toxine entzogen - deshalb darf das gekaute Öl auch keinesfalls hinuntergeschluckt werden, denn nun ist es ja giftig.

„Das ist esoterischer Schwachsinn, der nach Scharlatanerie klingt", stellt Peter Franz, Leiter der HNO-Abteilung in der Krankenanstalt Rudolfstiftung in Wien richtig und geht auf weitere Fragen gar nicht erst ein. Ein vernichtendes Urteil, das sich auch mit wissenschaftlichen Studien nicht entkräften lässt. Zwar gibt es kleine Studien, die von einer Verbesserungen des Gesundheitszustandes bei Müdigkeit, Schlafstörungen und Zahnfleischerkrankungen berichten. Wissenschaftliche Belege für die Wirkungsmechanismen fehlen jedoch.

Magische Frequenzen

Um einen Erklärungsversuch waren schon verschiedene Wissenschaftler bemüht. Der Forscher Gerd Ebeling beispielsweise mutmaßte, dass verschiedene Ölsorten unterschiedliche Frequenzen erzeugen. Beim Ölziehen selbst entstehen dann Schwingungen, die über die Zahnenden auf die jeweils zugeordneten Organe übertragen werden und dort für eine Entgiftung sorgen. Der deutsche Mediziner Harald Kinadeter verweist in seinem Buch "Heilung" auf die Mikro-Magnetische Medizin (MMM) nach Wilhelm Langreder. MMM geht davon aus, dass die Zähne und Kiefer voller Schadwellen sind und diese an andere Organe weiterleiten. Beim Ölziehen strahlen die Schadwellen in das Öl ab, wodurch auch alle inneren Organe gereinigt werden sollen. 

Klingt mystisch, aber wozu reinigen und entgiften, wenn es, wie die Schulmedizin behauptet, doch eigentlich gar keine Schlacken gibt? Es ist wie bei allen anderen Naturheilmethoden auch: Die Erfahrung zählt. Ein User schreibt treffend in einem Forum: "Ob es entgiftet oder nicht ist mir schnurzegal, ich fühle mich einfach sehr gut und erfrischt dadurch". Der Glaube versetzt ja angeblich Berge, so sei es jedem selbst überlassen, womit er seinen Mund frühmorgens spült. (derStandard.at,19.10.2011)