Graz - Der Autor des Buches "Empört euch!", der frühere französische Diplomat und Resistance-Angehörige Stephane Hessel, sprach am Samstagabend den Teilnehmern an den Aktionen des Globalen Protesttages in Graz Mut zu: "Habt Vertrauen! Auch wenn es manchmal so aussieht, als könnte man nichts ändern - die Wahrheit ist: Das stimmt nicht". Es gebe immer Bereiche, in denen man Widerstand leisten und etwas verändern könne, so Hessel vor mehreren hundert Menschen am Mariahilferplatz.

Der 93 Jahre alte französische Widerstandskämpfer sagte, er als alter Mensch könne die Dinge klar ansprechen und nahm auf die weltweiten "Empörungs"-Veranstaltungen Bezug: "Die Welt steht vor zwei großen Gefahren", so der ehemalige Diplomat. Er verwies auf die Umweltzerstörung und auf die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich. "Deshalb ist schön zu sehen, dass sich auf der ganzen Welt Menschen versammeln so wie hier in Graz", so Hessel in seiner etwa zehn Minuten dauernden Ansprache zum Abschluss der Protestveranstaltungen.

Die Sprecher der die Protest-Aktionen koordinierenden "Plattform 25"-Sprecher Yvonne Seidler und Gerhard Zückert wiesen darauf hin, dass es "plus 25 Prozent für Kultur, Soziales und Bildung braucht - statt minus 25 Prozent", in Anspielung auf die Sparpläne der steirischen Landesregierung. Man stehe nicht alleine da: "Von Griechenland über Italien bis im Zentrum des weltweiten Kapitalismus, in der New Yorker Wall Street - Überall stehen Menschen auf und sagen: ,Wir bezahlen nicht für eure Krise.'"

Vor seiner Ansprache hatte sich Hessel im Beisein von mehreren Stadträten und Bürgermeister Siegfried Nagl (V) ins Goldene Buch der Stadt Graz eingetragen. Nach der Ansprache am Mariahilferplatz war er dann Gast von Kleine Zeitung"-Chefredakteur Hubert Patterer beim "Kleine Zeitung"-Salongespräch im Kleinen Minoritensaal, der die Interessierten nicht alle fassen konnte. Teilweise drängten sich die Zuhörer bis hinaus auf den Hof.

Hessel meinte auf die Frage Patterers, was man tun könne, um ein erfülltes, engagiertes Leben zu führen, unter anderem: "Das erste, was zu tun ist, ist nach Graz zu kommen", so der gut gelaunte Buchautor, der nächste Woche 94 Jahre alt wird: "Man sagte mir, Graz ist eine Menschenrechtsstadt. Ich weiß noch nicht genau, was das bedeutet. Aber hier ist ein mehr als voller Saal und das ist sehr schön". Es gehe immer darum, die Grundwerte zu verteidigen, jene Werte, wie sie aus der Aufklärung der französischen Revolution und dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg entstanden seien.

Er, Hessel, habe sich zusammen mit einigen anderen seiner Freunde aus der Kriegszeit rund um das Jahr 2004 gefragt: "Werden diese Werte noch von der Regierung unterstützt? Nein!" Nationale Regierungen seien oft nicht mehr stark und mutig genug, diese Werte weiterzuführen. Dann müssten die Bürger sich selbst "indignieren". Da stecke ja das Wort "Würde" - lateinisch dignitas - drin, so Hessel, und dieses finde sich im ersten Artikel der Menschenrechtskonvention der UNO, die er als Vertreter Frankreichs auch mitgeschrieben habe. (APA)