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Die All Blacks sind bereit für Frankreich.

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Kontinentale Zweisamkeit im Halbfinale.

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Auckland - Neuseeland steht erstmals seit 1995 wieder im Endspiel einer Rugby-Weltmeisterschaft. Am Sonntag setzten sich die Gastgeber im Eden Park von Auckland im Halbfinale gegen Australien deutlich mit 20:6 (14:6) durch und treffen heute in einer Woche im Kampf um den Webb-Ellis-Pokal wie schon bei der ersten Heim-WM vor 24 Jahren auf Frankreich.

"Du musst einfach dein Geschäft erledigen", gab Graham Henry, als extratrockener Knochen bekannter Coach der All Blacks, vor dem Schlager gegen den Erzrivalen eine an Simplizität kaum zu übertreffende Vorgabe. Seine Mannschaft hielt sich daran. Von Beginn an setzte Neuseeland das junge australische Team unter immensen Druck. In der 6. Minute wieselte Israel Dagg durch die Verteidigungslinie der Wallabies und zauberte im Fallen einen grandiosen Offload für Ma'a Nonu. Der hatte dann nur noch wenige Meter bis zum ersten Versuch zu überwinden.

Piri Weepu konnte zwar die Chance zur Erhöhung nicht nützen, stellte aber wenig später mit einem Strafkick auf 8:0 für die Neuseeländer (13.). Die All Blacks, die die bisherigen zwei WM-Vergleiche mit Australien allesamt verloren geben mussten (1991, 2003), gewannen viele Bälle aus der Luft - Cory Jane tat sich hier besonders hervor - und kickten präzise. Alles in allem: eine Augenweide.

Gewaltiges Tempo und irrwitzige Intensität bestimmten das Geschehen auf dem Feld. Die giftigen Verteidiger Neuseelands ließen der talentierten Hintermannschaft der Wallabies weder Zeit noch Luft für einen geordneten Spielaufbau. Gleich neunmal stibitzten sie den Australieren während der 80 Minuten im Breakdown den Ball. Deren Spielmacher Quade Cooper wurde derart zugesetzt, dass dem geborenen Kiwi oft nur Notlösungen blieben. Für kreative Entscheidungen blieb angesichts unermüdlich herandampfender, tacklewütiger Gegner keine Zeit.

Wie gefährlich die Wallabies sein können, gewährte man ihnen nur die Handhabung des Eis, bewiesen sie erstmals, als bereits eine Viertelstunde vorbei war. Digby Ioane pflügte da beinahe unwiderstehlich durch die neuseeländische Defensive, kurz vor der Trylinie wurde er gestoppt. Immerhin aber konnte James O'Connor den zweimaligen Weltmeister mit einem Penaltykick auf 3:8 heranbringen.

Derartige Gelegenheiten blieben jedoch äußerst rar. Die zweite Offensivphase der Australier in der ersten Halbzeit ergab sich nach einer halben Stunde. Zum ersten Mal konnten sie da dem Scrum selbst den Ball füttern und so zur Abwechslung selbst einmal Druck ausüben. Und wieder gab es Punkte: Cooper droppte ein Goal (32.).

6:11 stand es nun, da in der Zwischenzeit (22.) sein Gegenüber Aaron Cruden in derselben Manier auch für Neuseeland getroffen hatte. Auf den jungen Mann hatten sich vor dem Spiel die Sorgen und Ängste der Anhänger konzentriert. Wie würde der Ersatz des Ersatzes des verletzten Weltklasse-Flyhalf Dan Carter die bisher größte Herausforderung seiner Karriere meistern? Easy. Von den Kollegen bestmöglich unterstützt, hielt sich der 22-Jährige in seinem erst zweiten Turniermatch prachtvoll.

Weepu stellte kurz vor der Halbzeit mit dem nächsten Strafkick den alten Abstand wieder her (38.), denn das unerfahrene australische Team leistete sich im Abnutzungskampf weiter zu viele Fehler, ja, wurde in diese regelrecht hineingezwungen. Mit 14:6 für die All Blacks ging's in die Pause.

Danach bot sich ein ähnliches Bild. Australien konnte sich nun war zwar besser behaupten, es aber nicht verhindern, dass die abgeklärteren Neuseeländer durch einen Kick nach dem anderen immer weiter davon zogen. Der Favorit behielt die Kontrolle und beschäftigte den Gegner weiterhin mit Defensivarbeit. Weepu baute die Führung des Weltmeisters von 1987 nunächst auf 17:6 aus (43.) und besorgte dann auch den 20:6-Endstand (73.). Und es wäre sogar mehr möglich gewesen: Cruden und Weepu setzten vier weitere Penalties neben das australische Tor, Dagg verhaute einen Dropgoal-Versuch. 

Ganz am Ende bemühten sich die Wallabies noch einmal prononciert um einen Ehrentry. Und man kam der Linie auch recht nahe, doch die All Blacks zeigten sich unnachgiebig und hielten dicht. Nach mehreren gescheiterten Durchbruchsanstrengungen folgte doch der Ballverlust und alles war vorbei. Die Festung Auckland blieb auch an diesem Tag uneinnehmbar, 24 Siege in 24 Spielen seit 1996 stehen für Neuseeland im Eden Park nun zu Buche. Kapitän Richie McCaw: "Ich bin sehr stolz."

Dass nun im Endspiel am kommenden Sonntag der Traum einer ganzen Nation vom zweiten Titel nicht realisiert werden könnte, ist kaum vorstellbar. Zu dürftig präsentierte sich Gegner Frankreich auch in seinem samstägigen Halbfinale gegen Wales. Trotz zahlenmäßiger Überlegenheit hatten sich Les Bleus nur mit Ach, Krach und viel Glück gegen Wales mit 9:8 durchgeschummelt.

Kann Neuseeland sein Potential auch nur halbwegs ausschöpfen, wird Frankreichs Nimbus als dessen Angstgegner wohl in Nichts zerstieben: zweimal, 2007 und 1999, ist den Galliern bereits das Kunststück gelungen, den ewigen Favoriten aus einem WM-Turnier zu entfernen. Eine Wiederholung scheint ausgeschlossen. (Michael Robausch)

ERGEBNIS, Halbfinale:

Neuseeland - Australien 20:6 (14:6) Auckland, Eden Park (60.000)

Neuseeland - Try: Ma'a Nonu; Penalties: Piri Weepu (4); Drop goal: Aaron Cruden

Australien- Penalty: James O'Connor; Drop goal: Quade Cooper