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Peter Stöger ist ein Fan des Nationalteams.

Foto: Reuters/STR

Wien - Peter Stöger legt Wert darauf, nicht beleidigt zu sein. Der 45-jährige Trainer von Wiener Neustadt wurde nie als Kandidat für den Teamchefposten gehandelt, ÖFB-Präsident Leo Windtner hat ihn gemieden. "Es gibt also keinen Grund, enttäuscht zu sein. Ich habe auch überhaupt nichts gegen die Bestellung von Marcel Koller." Die teilweise verzichtbaren Reaktionen der einheimischen Kollegen könne er, Stöger, trotzdem ein bisserl nachvollziehen. "Sie agierten wie Otto Normalverbraucher, waren eher überrascht. Zumal ja über Namen wie Daum oder Sammer spekuliert wurde." Peter Pacults Sager, der Schweizer Koller sei es geworden, weil er nicht größer als der oberösterreichische Präsident ist, "war verzichtbar, untergriffig, das ging ins Beleidigende."

Auch Herbert Prohaska ("Koller war zwei Jahre nicht im Geschäft") habe leicht übertrieben. "Obwohl er es nicht so gemeint hat, dafür kenne ich ihn zu gut." Stöger stört die Argumentation des ÖFB. "Windtner betont dauernd, dass die Wahl auf Koller gefallen ist, weil er ein akribischer Arbeiter ist. Im Umkehrschluss heißt das, dass die Trainer in Österreich faule Hunde sind und sich eine Hetz machen. Auch ein Franco Foda beschäftigt sich rund um die Uhr mit Fußball. Diese Sache kann man nicht auf sich sitzen lassen."

Gut ausgebildet

Zudem sei der ÖFB für die Trainerausbildung zuständig. "Man sagt indirekt, dass sie schwach ist." Stöger selbst fühlt sich "ganz gut ausgebildet. Aber im Prinzip geht es um Selbstverantwortung und Selbsterfahrung. Ich war bei Amateuren, in der Regionalliga, in der ersten Division, musste bei der Austria ein 30-Millionen-Budget verantworten, wurde Meister. Jetzt kämpfe ich mit Wiener Neustadt gegen den Abstieg und ums Überleben. Wer weiß, ob man das Geld für einen Profibetrieb aufstellen kann."

Beim ÖFB sei er, Stöger, nie Thema gewesen. "Ich wurde nie gefragt, ob ich mir vorstellen kann, eine Nachwuchsauswahl zu übernehmen. Aber ich bin überhaupt nicht gekränkt." Vielleicht sei die kaum berauschende Ära des Dietmar Constantini Grund dafür gewesen, "dass es kein Österreicher geworden ist. Aber was kann ein Andreas Herzog dafür? Außerdem haben dieselben Leute, die jetzt Koller ausgesucht haben, sich damals für Constantini ausgesprochen. Das Gerede von den neuen Strukturen ist schwammig. Die Formulierung, man setzt ein Zeichen gegen die Freunderlwirtschaft, ist ebenfalls mühsam."

Unterstützung aus Wr. Neustadt

Stöger outet sich als Fan der Nationalmannschaft. "Ich war Spieler, lebe mit und drücke jedem Trainer die Daumen." Einem Teamchef, also auch Koller, seien Grenzen gesetzt. "Er bildet ja nicht aus, er ist abhängig von der Arbeit bei den Vereinen. Wird ein Martin Harnik in Stuttgart falsch trainiert, und kommt er kaputt zum Team, ist er keine Hilfe." Ein Teamchef sei auch Kommunikator. "Er benötigt eine gute Gesprächsbasis zu den Klubs. Und dann muss er in ein paar Tagen ein System kreieren, das passt." Es sei ein eleganter Schachzug von Koller gewesen, gleich nach der Präsentation in Oberwart zum Rapid-Training nach Hütteldorf zu fahren. "Das gibt Bilder in den Medien, kommt gut an. Aber Koller hat meine volle Unterstützung. Obwohl er sie, da ich in Wiener Neustadt arbeite, selten in Anspruch wird nehmen müssen. Trotz des 1:1 gegen Rapid, das übrigens glücklich war."

Natürlich haben die österreichischen Trainer Träume. "Es ist oft auch ein Managerproblem, dass fast keiner von uns im Ausland unterkommt. Wir träumen vom Teamchefposten, von Rapid, Austria, Salzburg oder Sturm." Es seien, so Stöger, Grenzen gesetzt. "Von Barcelona sollst du nicht einmal träumen. Höchstens davon, dass du einmal eine günstige Eintrittskarte für eine Partie im Camp Nou bekommst."(Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe, 17. Oktober 2011)