Vorzeigeprojekt für Datenjournalismus: Das "Neighbourhoods"-Projekt" der "Los Angeles Times" definierte die Stadtgrenzen neu und bietet der Bevölkerung individuelle Services.

Foto: Screenshot L.A. Times 17.10.

Nicolas Kayser-Bril von der Plattform Owni und Scott Klein von ProPublica sind sich sicher: Datenjournalismus hat die Fähigkeit, nationale Agenden auf das Interesse des einzelnen Bürgers herunterzubrechen. Es geht dabei weniger um klassischen Journalismus in Form einer Geschichte, sondern um knallharte Fakten und was man aus ihnen lesen kann.

Datenjournalismus ist ein Phänomen des digitalen Umbruchs: Immer mehr öffentliche Datensätze werden zugänglich, immer mehr Bürger sind bereit an Crowd-Sourcing-Projekten teilzunehmen. Nun gilt es diese Daten zu entschlüsseln, Geschichten aus ihnen zu generieren sowie die öffentlich gemachten Informationen zu Services zu verdichten.

Datenjournalismus für jedermann

"Hinter Datenjournalismus steckt keine große Wissenschaft, das kann sich jeder selbst beibringen", verwies Kayser-Brill beim "Data Journalism Lunch" auf sich selbst. "Man kann beispielsweise Google Form verwenden, um die Daten zu sammeln und Google Refine, um sie zu säubern. Dazu sind keine besonderen Fertigkeiten notwendig."

Scott Klein stellte in seiner Funktion als journalistischer Programmierer den Service-Aspekt in den Vordergrund: "Die Motivation für unsere großen interaktiven Projekte beziehen wir aus der Frage 'Was können Daten für dich tun?'". Ein gutes Beispiel sei der Dialysis-Tracker, den ProPublica für Patienten einer speziellen Nierenkrankheit entworfen hat. Durch die Aggregation öffentlicher Daten wird es den Betroffenen möglich gemacht, per Internet die nächst gelegene Klinik mit dem passenden Angebot zu eruieren oder die Todesraten nach Operationen der betreffenden Einrichtungen zu vergleichen.

Service als Klick-Generator

Ein weiteres prominentes Projekt, das im Rahmen des "Data Journalism Lunch" zitiert wurde, ist das "Neighbourhoods"-Projekt der "Los Angeles Times". In einem Aufruf wurden Bürger dazu motiviert, die bis dato fließend definierten Grenzen von Los Angeles anhand ihres Standortes festzulegen. Das Projekt wurde ein großer Erfolg: die entstandene Landkarte wird heute von Politik, Bürgern und Immobilienmaklern als Standard verwendet. Zusätzlich wurden Datensätze wie offizielle Kriminalitätsstatistiken, Bevölkerungsstrukturen und  Bildungszugang mit der Karte verknüpft, sodass die Informationen für jeden Leser individuell nutzbar sind.

Kayser-Bril brachte abschließend noch ein Beispiel aus seiner Heimat Frankreich. Als Reaktion auf die Weigerung offizieller Stellen, Auskunft über Höhe des Wasserpreises zu geben, forderte die Plattform Owni die Bürger landesweit auf, ihre Wasserrechnungen einzuscannen und an die Datenjournalisten zu schicken. Die Aktion gelang und die durchschnittlichen Abgaben konnte aus rund 6000 Einsendungen ermittelt werden. (APA/red)