Töchterle: "Viel Zeit ist nicht mehr, ich bin jederzeit gesprächsbereit."

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2008 haben SPÖ, Grüne und FPÖ durch zahlreiche Ausnahmebestimmungen Studiengebühren de facto abgeschafft. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das Gesetz jedoch für unzulässig erkannt, weil die Formulierungen teilweise zu unpräzise sind (derStandard.at berichtete).

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) hat nun bei Verfassungsrechtler Heinz Mayer ("Bester Kenner des Universitätsgesetzes") ein Gutachten  in Auftrag gegeben, um zu klären, welche Konsequenzen eine fehlende Neuregelung mit sich bringen würde.

Das Ergebnis hat er am Montag vor Journalisten präsentiert: Wenn es keine Neuregelung gibt, können die Unis im Rahmen ihrer Autonomie durch Satzungsbeschlüsse dennoch Studienbeiträge einheben. Es gäbe dann auch keine Höchstgrenze für Studienbeiträge. Im Gutachten heißt es wörtlich, "dass die Universitäten befugt sind, in ihren Satzungen Regelungen über Studienbeiträge zu erlassen".

Die Regelungen "dürfen festlegen, wer zur Entrichtung von Studienbeiträgen verpflichtet ist, weiters in welcher Höhe diese Studienbeiträge zu entrichten sind und wie vorzugehen ist, wenn ein Verpflichteter mehrere Studien betreibt".

VfGH-Kritik

Die Einhebung von Studiengebühren selbst wird im Gutachten des VfGH zwar nicht in Frage gestellt, aber er hat festgestellt, dass bei der derzeitigen Studiengebühren-Regelung unklar bleibt, wie die Studienzeit, die für die Befreiung von Studienbeiträgen maßgeblich ist, zu bestimmen ist. 

Im Gesetz ist noch von "Studienabschnitten" die Rede, die im alten Diplomsystem gegolten haben. Im Bologna-System, auf das die meisten Studienrichtungen bereits umgestellt wurden, gibt es diese Studienabschnitte aber nicht mehr. Somit geht laut VfGH nicht klar hervor, wie lange man Studieren darf, ohne Studiengebühren bezahlen zu müssen.

Der VfGH hat eine Frist zur Reparatur der derzeitigen Regelung bis 29. Februar 2012 gesetzt, danach tritt die Aufhebung in Kraft.

Studiengebühren ab 1. März

"Alles, was nicht verboten ist, ist erlaubt", kommentierte Töchterle das Ergebnis des Gutachtens. Den Universitäten sei im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Autonomie alles erlaubt, was ihnen per Gesetz nicht explizit untersagt ist. Er sieht freien Spielraum für die Universitäten, was bedeutet, dass ab 1. März Unis Studienbeiträge in beliebiger Höhe einheben können. 

"Wenn wir nichts tun, sind die Universitäten sehr frei in dem, was sie tun", so Töchterle. 

Ausgenommen von Studiengebühren-Regelungen wären weiterhin Studienbeihilfebezieher oder überwiegend berufstätige Studierende. Aber es gibt keine Einschränkung hinsichtlich der Höhe.

Töchterle glaubt, dass die Rektoren positiv gestimmt sind, was die Einhebung von Studiengebühren betrifft. Der Koalitionspartner sei bereits informiert, es hat aber noch kein Gespräch gegeben.

Stärkere Verhandlungsposition

Töchterle sieht sich in seiner Verhandlungsposition jedenfalls gestärkt: "Mir ist natürlich mein Modell lieber (derStandard.at berichtete), wenn die Unis klug vorgehen, ist das aber auch ein lebbares Modell."

Seine Verhandlungsposition sei nun in der Tat "viel, viel stärker. Aus der Position der Stärke kann man besser verhandeln als aus der Schwäche. Das ist mir Recht", so Töchterle. 

Auf die Frage, ob er bereit ist, in Verhandlungen mit der SPÖ nachzugeben, sagt er: "Ich wüsste nicht, wo ich groß nachgeben könnte. Viel Zeit ist nicht mehr, ich bin jederzeit gesprächsbereit."(Rosa Winkler-Hermaden, Lukas Kapeller, derStandard.at, 17.10.2011)