Wien - Gegen die Erste Group ermittelt die Finanzmarktaufsicht (FMA) im Zusammenhang mit Gewinnprognose-Aussagen von Erste-Chef Andreas Treichl, berichtete das "Format" am Donnerstag vorab. Im Zentrum der Vorwürfe stehen dem Bericht zufolge Aussagen von Treichl gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters am 29. September. Damals hatte er gesagt, er wolle an der Gewinnprognose festhalten. Nur knapp zwei Wochen später, am 10. Oktober, musste der Erste-Chef die Gewinnprognose deutlich nach unten revidieren.
Die Ermittler sollen nun dem Bericht zufolge untersuchen, ob Treichl damit den Markt getäuscht habe. FMA-Sprecher Klaus Grubelnik bestätigte die Ermittlungen betreffend mögliche Verletzung der Ad-hoc-Pflicht bzw. Verdacht auf Marktmanipulation.
Erste-Group-Sprecher Michael Mauritz wollte dies zunächst nicht kommentieren. "Wir warten ein Schreiben der FMA ab, ehe wir dazu Stellung beziehen", sagte er am Dienstag.
Dem Vernehmen nach hat die FMA die Ermittlungen nicht erst aufgrund einer anonymen Anzeige eingeleitet, wie das Magazin berichtet, sondern ist aus eigenem tätig geworden. Die Treichl-Äußerungen gegenüber der Nachrichtenagentur Ende September sind nämlich am Rande der FMA-Aufsichtskonferenz in Wien gefallen. Zusätzlich soll zu dem Sachverhalt aber eine Anzeige einer physischen Person eingelangt sein, nachdem die Ermittlungen schon im Laufen waren.
Am 10. Oktober hat die Erste Group überraschend bekanntgegeben, dass sie für heuer 700 bis 800 Mio. Euro Verlust erwartet. Bis dahin war noch ein Gewinn in dieser Größe geplant gewesen.
CDS auch im Fokus
Auch Kreditgarantien (CDS) sind in den Fokus der FMA geraten, nämlich ob die Erste Group diese CDS in ihrer Bilanz korrekt verbucht hat. Diese Ermittlungen wurden am Dienstag von FMA-Sprecher Klaus Grubelnik ohne Angabe weiterer Details bestätigt. Erste-Group-Sprecher Michael Mauritz sagte, sein Institut werde der Behörde alle nötigen Unterlagen zur Verfügung stellen und sei überzeugt, in Sachen CDS richtig gehandelt zu haben.
In einem Schreiben von vergangenem Freitag ersucht die FMA die Erste Group um Auskunft, wie sie ihr CDS-Portfolio in der Bilanz abgebildet hat und stellt ihr dazu insgesamt sechs Fragen, die sich u.a. auf Volumen, Buchwert und Kaufpreis beziehen.
Für die FMA ist die Frage, ob die CDS wie früher zu den Anschaffungswerten in die Bilanz hineingenommen werden müssen oder zu Marktwerten (market-to-market) verbucht werden können. Über den möglichen Ausgang des Verfahrens hält sich die FMA bedeckt. Die Frage der CDS-Verbuchungen ist wichtig, da davon auch Bank-Kennzahlen gemäß Bankwesengesetz (BWG) abhängen, heißt es dazu in Finanzkreisen.
Die Rating-Agentur Fitch hatte Ende voriger Woche die Vorgangsweise der Erste Group bei der Verbuchung als sachgemäß bezeichnet: Die Bewertung von Credit Default Swaps (CDS) zu Marktwerten sei in Europa üblich. Wie berichtet hat die Erste Group am 10. Oktober in ihrer Gewinnwarnung einen Teil der heurigen Verluste damit begründet, dass sie CDS nicht länger als Garantien bewerten könne. CDS müssten als Derivate eingestuft und daher zum Marktwert in die Bücher genommen werden. Das führte bei der Erste Group heuer bis September zu einem Verlust von 180 Mio. Euro nach Steuern.
Wie verbucht?
Am 10. Oktober hatte die Erste Group detailliert über Maßnahmen bei ihren CDS (verkauften Kreditabsicherungen) so berichtet: In den Jahren bis 2008 hatte die Erste demzufolge ein diversifiziertes Portfolio außerbilanzieller Staats- und Bankrisikopositionen (verkaufte CDS) aufgebaut, die - als Kreditsurrogate (Finanzgarantien) - zu fortgeführten Anschaffungskosten gehalten wurden. Zum 30.9. habe dieses Volumen 5,2 Mrd. Euro zu fortgeführten Anschaffungskosten betragen - davon 2,4 Mrd. im Zusammenhang mit finanziellen Risiken und 2,8 Mrd. im Zusammenhang mit Krediten an Staaten. 14 Prozent oder 0,7 Mrd. Euro bezögen sich auf Banken und Staatsschulden in Griechenland, Portugal, Spanien, Irland und Italien, hieß es vorige Woche.
Weiter erklärte die Bank vorigen Dienstag, dass der Erste-Vorstand - einer Feststellung des IASB (International Accounting Standard Board) vom 28.7. d.J. über die Klassifizierung von CDS folgend - eine Umgliederung des Portfolios per 30.9. d.J. beschlossen habe: Dies führe "zu einer marktgerechten Bewertung des Gesamtportfolios und zu folgenden Änderungen in den Bilanzen der vergangenen Jahre". Nach Darstellung der Effekte für frühere Jahre hieß es: "Für die ersten neun Monate des laufenden Jahres betrug die Belastung aus Neubewertungen und Veräußerungsverlusten rund -234 Mio. Euro (rund -180 Mio. Euro nach Steuern)." (APA)