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Vargas Llosa.

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Der Literaturnobelpreisträger verteilte die ersten Bücher.

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Wien - Bürgermeister Michael Häupl fehlte zwar, dafür gab es aber ein gehöriges Maß freundlicher Worte, als Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa am Dienstag in Wien in der Hauptbücherei symbolisch die ersten Exemplare des heurigen Gratisbuches verteilte. Als begeisterter Cafe-Besucher würde er gerne einmal in einem Wiener Kaffeehaus einen Roman schreiben, sagte der Peruaner zur Freude der anwesenden Kiebitze, und legte gleich noch nach: Die Aktion "Eine Stadt, ein Buch" sei eine wunderbare, denn: "Literatur kann eine bessere Welt schaffen".

Daher sei es eine große Ehre für ihn, dass heuer sein Werk "Der Geschichtenerzähler" ausgewählt worden sei, in einer Auflage von 100.000 Stück in Wien verteilt zu werden. Immerhin werde mit diesem Projekt Literatur auch der Jugend zugänglich gemacht. Dass Häupl im Rathaus unabkömmlich war, störte die zahlreich erschienenen Fans - einheimischer und südamerikanischer Provenienz - des 75-jährigen Peruaners nicht, nur mühsam konnte er sich der stürmischen Signier- und Autogrammwünsche erwehren.

Schon immer andere erfunden

Das Buch verweise auf eine uralte Tradition, die es in jeder Gesellschaft gebe, meinte Vargas Llosa: "Das Geschichtenerzählen". Die Menschen hätten sich nämlich immer danach gesehnt, nicht nur das eigen Leben zu haben. "Daher haben sie immer schon andere erfunden. Und daraus ist die Literatur entstanden."

"El Hablador" - so der Originaltitel aus dem Jahr 1987 - handelt von einem jüdischen Einwanderer ("Die jüdische Gemeinde ist klein, war aber lange die westlichste, die es in Peru gab"), der fasziniert ist von der Welt der "Machiguengas", einem indigenen Stamm im Amazonasgebiet, der in der Gegenwart wie in der Steinzeit lebt. Schließlich wird er ein Teil dieser urtypischen Gesellschaft, in dem er in die Rolle ihres "Geschichtenerzählers" schlüpft.

Er selbst sei als junger Mann auf das Thema gestoßen, als er im Dschungel unterwegs war, schilderte Vargas Llosa den Hintergrund: "Dort habe ich einen Linguisten getroffen, der die Sitten der Machiguengas studierte". Dieser habe ihm erzählt, wie faszinierend es sei, die Ureinwohner zu beobachten, wenn sie gebannt dem "Hablador" zuhörten, der von Zeit zu Zeit ins Dorf kam, um alte Mythen, Märchen oder einfach nur den neusten Tratsch zu erzählen.

"Irgendwann habe ich erkannt, dass die Stammesangehörigen von den Erzählungen dieses Mannes genauso verzaubert waren und dieselbe Emotion, Freude und Trance erlebten, wie ich, wenn ich die Werke großer Literaten wie Hugo Wolf, William Faulkner, Leo Tolstoi oder Miguel de Cervantes gelesen habe", so der Autor.

Literatur als "wunderbare Waffe"

"Da habe ich erkannt, wie wichtig Fiktion und Dichtung im Leben sind, diese Geschichten, die uns andere Welten eröffnen, die wir erfinden und in unser Leben inkorporieren", schwärmte der Nobelpreisträger 2010, um ein dramatisches Finale hinzulegen: "Ich glaube, die Literatur ist eine wunderbare Waffe, um andere Weltsichten, einen anderen Zugang zum Leben zu haben. Dadurch kann sie auch bessere Menschen und eine bessere Welt schaffen".

Die vom Echo Medienhaus ins Leben gerufene Aktion Gratisbuch findet heuer zum zehnten Mal statt. Der Autor stattet am morgigen Mittwoch auch dem Gymnasium in Alt Erlaa einen Besuch ab, wo er vor Schülern, die Spanisch als Zweitsprache lernen, lesen wird. Zu seinen wichtigsten Werken zählen "Das grüne Haus", "Die Stadt und die Hunde", "Das Fest des Ziegenbocks" oder "Tante Julia und der Kunstschreiber". Zuletzt erschien "Der Traum des Kelten", ein Roman über das Schicksal des irischen Diplomaten und Freiheitskämpfers Roger Casement (1864-1916). (APA)