Wien - Die Meinl Bank hat mit ihrer Strategie, Anleger vor Gericht zu zerren, die zuvor gegen das Geldhaus beim Obersten Gerichtshof (OGH) Recht bekommen haben, bisher keinen Erfolg. Anfang Oktober ist nun schon die zweite Gegenschadenersatzklage abgewiesen worden. Die Bank sah sich von einem MEL-Anleger in die Irre geführt, weil dieser beim Kauf der MEL-Papiere eine falsche Auskunft über seine Risikobereitschaft erteilt habe. Das Landesgericht Linz sieht das ganz anders; auf 18 Seiten werden die Argumente der Meinl Bank zerpflückt. Der Entscheid ist nicht rechtskräftig, die Bank behält sich weitere rechtliche Schritte vor und findet das Urteil "tendenziell kapitalmarktfeindlich". Weitere Gegenklagen werden nicht ausgeschlossen.

"Enthält der ... nicht als bloßer Werbeprospekt zu qualifizierende Verkaufsprospekt so gut wie keinen Hinweis auf ein Risiko, sondern stellt das Produkt als sicher dar, muss der Kunde nicht damit rechnen, dass in einem hellgrau gedruckten, klein geschriebenen Risikohinweis von einem Totalverlust die Rede ist", heißt es in dem Entscheid, der der APA vorliegt. Dass der Anleger, der mit Papieren der ehemaligen Meinl European Land (MEL) Geld verloren hatte, im Anlegerprofil seine Risikobereitschaft mit "hoch" und "extrem hoch" angegeben hat, tut für das Landesgericht nichts zur Sache. Zumal der OGH bereits mehrfach zur Darstellung des Risikos in der Werbebroschüre Stellung genommen habe: Mittlerweile liegen in Sachen MEL-Werbung bereits mehrere höchstgerichtliche - und damit rechtskräftige - Urteile gegen die Meinl Bank vor.

Sensationell

Die nunmehrige Klagsabweisung ist für den Anwalt des Anlegers, Michael Poduschka, "sensationell". Die Richterin treffe in ihrer Begründung "die Sache genau auf den Punkt", wie er sagte. "Die Meinl Bank muss erst einmal beweisen, dass sie die MEL-Papiere an jemand anderen losgeworden wäre und dieser nicht geklagt hätte", so Poduschka. Im Urteil wird an dieser Stelle auch auf die "allgemein bekannt hohe Anzahl an Rechtsstreiten im Zusammenhang mit MEL" verwiesen. Außerdem ist wörtlich von einer "heißen Kartoffel" die Rede: "Die Klägerin begehrt jenen Kursverlust als Schaden, der ihr dadurch entstanden ist, dass sie die (höchstgerichtlich bestätigte) Ungültigkeit eines Vertrages hinnehmen musste und es daher zur Rückabwicklung des Vertrages gekommen ist. Sie releviert damit weder den entgangenen Gewinn aus dem Geschäft, noch einen anderen Vorteil daraus, sondern lediglich den Umstand, dass sie die 'heiße Kartoffel' rechtzeitig losgeworden wäre", schreibt die Richterin. Und weiter: "Wenn die Klägerin nun in Wahrheit versucht, so gestellt zu werden, als hätte der Erstbeklagte seinen Vertrag erfüllt", übersehe die Bank, dass der Anleger "von der Pflicht zur Erfüllung des Vertrags bereits rechtskräftig entbunden wurde".

Auch puncto Prozesskosten, laut Poduschka der größte eingeklagte "Brocken", erteilte das Linzer Gericht der Meinl Bank eine Abfuhr. "Wenn man auf dem falschen Dampfer war, kann man nicht nachträglich kommen und die Prozesskosten zurückverlangen", so der Rechtsvertreter. "Die Richterin sagt, sie hätten einfach die Papiere zurücknehmen können, dann hätte der Anleger nicht geklagt und die Meinl Bank hätte keine Kosten gehabt." Im Verfahren jedenfalls konnte die Bank "einen Grund für den Prozesskostenrückersatz nicht schlüssig vorbringen, war es doch ihre eigene Entscheidung, ... den Prozess durch alle Instanzen zu führen", heißt es in dem Urteil. Nach Meinung des Gerichts, so Poduschka, würde es wohl dem Schutzzweck sämtlicher Sorgfaltsnormen widersprechen, jemandem Schadenersatz "für das Beharren auf einem falschen Rechtsstandpunkt zu bezahlen", wie es die Richterin ausdrückt.

Die Meinl Bank will die Niederlage nicht auf sich sitzen lassen und behält sich vor, gegen das Urteil zu berufen. Wieder einmal handle es sich bei dem Entscheid um ein "schädliches Signal für den heimischen Kapitalmarkt", so ein Banksprecher. Es sei "absurd, wenn mündige Personen mit ihrer Unterschrift ihre Risikobereitschaft bestätigen, diese Unterschrift aber dann vor Gericht offenbar nicht mehr gilt". Wobei das Geldhaus festhielt, dass es sich bei jedem der Urteile um einen Einzelfall handle.

Ob man nun an der Strategie festhält, Anleger mit Gegenklagen einzudecken? "Die Bank wird weiter vehement darauf hinweisen, wenn es sich um dramatische kapitalmarktfeindliche Rechtsprechungen dieser Art handelt." Sollte man erneut auf "so einen Fall" stoßen, werde man "weitere Schritte tätigen", kündigte die Bank an. (APA)