Wien - Zu einer gänzlich anderen Ansicht als Jurist Heinz Mayer kommt der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes nach einer Überprüfung des vom Wissenschaftsministerium in Auftrag gegebenen Gutachtens zu Studiengebühren. In einer Stellungnahme an Bundeskanzler Werner Faymann bezüglich "Zulässigkeit universitätsautonomer Studiengebühren" stellt der Verfassungsdienst klar, dass Universitäten "nur auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung" und nicht - wie von Mayer argumentiert - eines "autonomen Satzungsrechts" Satzungen - und damit Studienbeiträgen - erlassen können.

Laut Verfassungsdienst gebe es eine "Vielzahl von Bestimmungen" im Universitätsgesetz (UG), die eine gesetzliche Regelung von Studienbeiträgen voraussetzen. Auch nach der Aufhebung einzelner Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) als Folge der de-facto-Abschaffung durch SPÖ, Grüne und FPÖ 2008 gelte weiterhin, dass der Wissenschaftsminister "nähere Bestimmungen zur Einhebung des Studienbeitrages" durch eine Verordnung festlegen muss.

"Merkwürdiges Ergebnis"

Bei Mayers Gutachten entstehe "das zumindest merkwürdige Ergebnis", dass die gesetzliche Studienbeitragsregelung "wegen punktueller Determinierungsmängel praktisch zur Gänze beseitigt" worden sei und nun eine "autonome Rechtssetzung durch die Universitäten" ohne jegliche gesetzliche Determinierung möglich geworden sein soll. Laut Verfassungsdienst verlange der VfGH aber "gerade für das Studienbeitragsrecht eine besonders genaue gesetzliche Determinierung".

Auch wenn man der Argumentation Mayers folgt und "innerhalb eines nicht determinierungsbedürftigen gesetzlichen Rahmens Handlungsfreiheit der Universitäten annimmt", wie es in der Stellungnahme heißt, ist es für den Verfassungsdienst "zweifelhaft", "ob der nach der Aufhebung verbleibende 'Rahmen' Raum für autonome Festsetzung von Studiengebühren lässt". Jene Regelungen, die noch bestehen, würden nämlich durchaus eine gesetzliche Studienbeitragsregelung voraussetzen. Unter den Aufgaben des Rektorats sei an einer Stelle beispielsweise von der "Einhebung der Studienbeiträge in der gesetzlich festgelegten Höhe" die Rede.

Töchterle verteidigt Mayer-Gutachten

"Keine wesentlichen Argumente" für Zweifel am Gutachten von Heinz Mayer kann Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) in der heutigen Stellungnahme des Verfassungsdienstes an den Bundeskanzler erkennen. Dieser war zu einer anderen Ansicht als Mayer gelangt und erachtet eine "gesetzliche Grundlage" als notwendig für das Einheben von Studienbeiträgen. Gegenüber der APA betonte Töchterle nun, Mayer sei "der beste Kenner der Materie, sein Gutachten hat für uns Gewicht und wurde auch von mehreren Experten bestätigt". Wenn das Ergebnis des Verfassungsdienstes etwas zeige, so der Minister, dann "jedenfalls, dass es zur Herstellung völliger Rechtssicherheit eine Neuregelung braucht, der sich die SPÖ bisher aber verschließt".

SPÖ sieht sich bestätigt

Der Koalitionspartner sieht sich indes durch die Stellungnahme des Verfassungsdienstes bestätigt. Diese entziehe "Töchterles Forderung nach autonom einzuhebenden Studiengebühren den rechtlichen Boden", so SP-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl in einer Aussendung. Der Verfassungsdienst bringe ein klares Ergebnis, das Minister Töchterle zur Kenntnis nehmen soll.

ÖH: Mayer-Gutachten "wird nicht halten"

Auch die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) begrüßte die Kritik an dem Mayer-Gutachten, das nun "nicht halten wird". "Der Verfassungsdienst bemängelt Meyers Gutachten in mehreren Punkten, die von den Universitäten geforderte Rechtssicherheit wird es also in keinem Fall geben", wird Angelika Gruber (Verband Sozialistischer Student_innen, VSStÖ) vom ÖH-Vorsitzteam in einer Aussendung zitiert. "Sich das Gesetz so auszulegen zu lassen wie es einem gerade passt, sollte nicht Teil der Arbeitsweise eines Ministers sein." (APA)