Wien - Bei der Staatsanwaltschaft Wien war und ist im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen das 1977 aufgelassene Kinderheim im Schloss Wilhelminenberg kein Verfahren wegen Mordverdachts anhängig. "Es gibt kein Opfer", stellte Behördensprecher Thomas Vecsey am Mittwochnachmittag klar.

Der Wiener Rechtsanwalt Johannes Öhlböck, der ehemalige Zöglinge des Kinderheims vertritt, hatte am Dienstag in einer Pressekonferenz vor zahlreichen Medienvertretern erklärt, in dem Heim wären zwischen 1948 und 1953 "Kinder zu Tode gekommen". Die Tageszeitung "Kurier" berichtete zudem über einen "Todesfall", wobei sich der Artikel auf ein Interview mit einer ehemaligen Heiminsassin stützte, die von einer eigenen Wahrnehmung berichtete, derzufolge eine Lehrerin ein Mädchen namens Franziska schwer verprügelt habe.

Das Mädchen sei dann "regungslos am Klassenboden gelegen", so der "Kurier". "Die ist ganz blass geworden. Mein Gott, wenn jemand atmet..., dann sieht man ja wie sich der Brustkorb bewegt... Da war nix", zitierte die Zeitung die Zeugin. Die Rettung sei gekommen, habe das Mädchen auf eine Trage gelegt, wobei Körper und Kopf mit einem Tuch bedeckt gewesen seien. Sie habe Franziska danach nie mehr gesehen, so die mittlerweile 69-jährige Frau.

Keine Erwähnung von Kapitalverbrechen

Die daraufhin von zahlreichen Journalisten kontaktierte Anklagebehörde, die von den Vorwürfen der 69-Jährigen bereits im Sommer 2010 erfahren hatte, hielt daraufhin noch einmal in ihren Akten Nachschau und stellte am Mittwoch fest, dass die Frau in ihren damaligen Angaben von keinem dezidierten Todesfall berichtet hatte. Diese habe teilweise am eigenen Leib verspürte Misshandlungen und sexuelle Übergriffe geschildert, aber von keinem Kapitalverbrechen erzählt, so Behördensprecher Vecsey: "Ende September 2010 sind daher die Ermittlungen wegen Verjährung eingestellt worden."

Die erhobenen Vorwürfe hatten sich auch gegen jene Erzieherin gerichtet, die während des Unterrichts das Mädchen namens Franziska - der Familienname ist unbekannt - geschlagen haben soll. Der namentlich bekannten Verdächtigen wurde laut Vecsey in diesem Kontext nicht unterstellt, das Kind zu Tode gebracht zu haben, weshalb auch in ihrem Fall mit Verfahrenseinstellung vorzugehen war, da die geschilderte Form der Misshandlung ebenfalls längst verjährt war.

Keine Ermittlungen bei Verjährung

Unterdessen berichtete der "Kurier" am Mittwochnachmittag auf seiner Website und in einer Aussendung von einer "Wende" und von einem "Todesfall, der keiner war". Und weiter: "Das totgeglaubte Heimkind lebt." Dazu der Sprecher der Staatsanwaltschaft: "Ob das so ist, entzieht sich unserer Kenntnis." Die "Kurier"-Angaben, gegen die prügelnde Lehrerin habe es 2010 ein "Ermittlungsverfahren" gegeben, ließ Vecsey nicht gelten: Bei erwiesener Verjährung würden keine weiteren Ermittlungsschritte gesetzt, die Staatsanwaltschaft sei daher gar nicht näher an die Erzieherin herangetreten. (APA)