Volles Haus im Hohen Haus: Regierung und Opposition lauschen der Budgetrede von Finanzministerin Maria Fekter. Von den Sitzen riss es nicht einmal die ÖVP.

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Man könnte die Opposition der Ignoranz bezichtigen. Den Abgeordneten Werner Kogler etwa, der während der Rede telefonierend aus dem Plenum ging. Allerdings lässt sich schwer behaupten, dass er etwas Neues verpasst hat. Als der grüne Finanzsprecher entfleuchte, pries Maria Fekter gerade das Resultat der Loipersdorfer Regierungsklausur. Die war vor einem Jahr.

Weite rhetorische Umwege ging Fekter bei ihrer ersten Budgetrede als Finanzministerin. "Zur Sache!", tönte es von den Oppositionsbänken, als die ÖVP-Politikerin von "Wohlstand vermehren", "Zukunft aktiv gestalten" und "einem lebenswerten Wirtschafts- und Arbeitsstandort" sprach. Ausgiebig schwelgte sie in der Vergangenheit, lobte die gelungene Krisenbewältigung und den Europameistertitel bei der Beschäftigung. "Besonders stolz" ist Fekter auf die "geringe Jugendarbeitslosigkeit". Warum, blieb unklar. Immerhin liegt die Quote bei den Jungen mit 7,9 Prozent mehr als doppelt so hoch wie das allgemeine Niveau.

Den Fokus legte Fekter auf andere Herausforderungen: Schuldenabbau, Budgetdisziplin, Erhalt des Triple-A-Ratings, Sicherung der Ersparnisse und immer wieder Stabilität. Mit einem Sprung von derzeit 3,9 auf 3,2 Prozent im nächsten Jahr baue der Staat sein Defizit "schneller ab als geplant", ohne jedoch eine "Vollbremsung" hinzulegen - "denn das blockiert die Räder des Konjunkturmotors", warnte die Ministerin: "Wir sind der Krise noch nicht entwischt."

"Zukunftsinvestitionen" hob Fekter ebenfalls hervor, und zwar jene, die vor einem Jahr beschlossen wurden. Forschung und Entwicklung erfreuten sich über "Rekordausgaben" von 6,3 Milliarden Euro, auf eine "Uni-Milliarde" kommt sie, indem sie die 80 Millionen zusätzlich im Jahr in "alte Währung" umrechnet. Als kinderfreundlichen Schwerpunkt verkaufte die Rednerin den Umstand, dass es "kein neues Sparpaket für Familien" geben werde.

Auch der Mittelstand, ein weiteres Fekter'sches Liebkind, soll sich freuen dürfen. Eine Entlastung sei "höchst an der Zeit", sagte die Finanzministerin und ließ die Stoßrichtung einer künftigen Steuerreform erahnen: Das heimische Steueraufkommen werde zum Großteil aus lohnabhängigen Abgaben und aus der Umsatzsteuer gespeist, während etwa Umweltsteuern "eine sinkende Tendenz" aufwiesen. "Und was ist mit den Steuern auf Vermögen?", rief ein Grüner dazwischen.

Ebenfalls auf wenig Gegenliebe, auch beim Koalitionspartner, stieß das kurze Plädoyer für Studiengebühren. Ansonsten ging Fekter pfleglich mit den Empfindlichkeiten der SPÖ um. Zwar mahnte sie angesichts der rasant steigenden Kosten "entschiedene Reformen" im Pensionssystem ein, lobte aber Sozialminister Rudolf Hundstorfer ebenso wie die Sozialpartner: Alle seien auf dem richtigen Weg.

Die sozialdemokratischen Abgeordneten dankten ihr die Milde nicht. Als Fekter, die in freier Rede mitunter kabarettistisches Talent entfaltet, ihre Ansprache eineinhalb Stunden lang wie einen Schulaufsatz vorgelesen hatte, applaudierte nur die ÖVP-Riege geschlossen. Die SPÖ beließ es bei vereinzelten flüchtigen Klatschern. (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 20.10.2011)