Port-au-Prince/Wien - Über 600.000 Menschen sind in Haiti auch eindreiviertel Jahre nach dem verheerenden Erdbeben im Jänner 2010 noch immer obdachlos. In Zeltlagern oder der Umgebung ihrer zerstörten Häuser warten sie auf das versprochene Wiederaufbauprogramm, welches langsam beginnt - mit österreichischer Beteiligung.

Verantwortlich ist das Tourismusministerium des Karibikstaates - dem Vernehmen nach, da dadurch weniger Korruptionsprobleme erwartet werden. In einer ersten Stufe wurden 60 Häuser in einer Mustersiedlung im Norden der Hauptstadt Port-au-Prince errichtet, je nach Größe und Bauart kosten sie umgerechnet knapp 5000 bis 51.000 Euro.

Mögliche Änderung der Wiederaufbaukommission

Nun soll die Siedlung auf bis zu 500 Häuser erweitert werden. Der Plan des "Building Back Better Communities"-Programms der Regierung, mit dieser Phase im November zu starten, dürfte aber nicht halten, glaubt Werner Wendt, Projektmanager der Greiner Housing Solutions (GHS), die mitbaut. Denn in den nächsten Tagen will Präsident Michel Martelly seine neue Regierung vorstellen - was wohl zu einer Änderung der zuständigen Wiederaufbaukommission führen wird.

Trotz des langsamen Fortschritts des Programms ist Wendt optimistisch. "Ich glaube, es kommt etwas Vernünftiges dabei heraus. Das sage ich nicht nur, weil wir beteiligt sind, sondern da der Auswahlprozess bisher sehr transparent und nachvollziehbar war.

Wertschöpfung soll in Haiti bleiben

Punkten will die GHS mit einem Plastikhaus, bei dem die komplette Wertschöpfung in Haiti bleiben soll. Das Gebäude besteht aus PVC-Elementen, die ohne schwere Maschinen von den Bewohnern selbst mittels Stecksystem zusammengebaut werden und deren Hohlräume dann mit Beton aufgefüllt werden. "Ein Vorteil ist, dass dabei zum Beispiel auch zerkleinerter Bauschutt der zerstörten Häuser verwendet werden kann", sagt Wendt. Die 43-Quadratmeter-Variante kostet rund 12.000 Euro; kommt die GHS zum Zug, will sie die Kunststoffteile in Haiti selbst produzieren lassen.

250 Häuser könnte man pro Monat so bauen, schätzt Wendt. Allerdings: Laut Haitis Regierung wurden weit über 200.000 Wohnungen durch das Beben ruiniert. (Michael Möseneder, DER STANDARD, Printausgabe, 20.10.2011)