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Studierenden-Demonstration am Dienstag.

Foto: AP/Punz

Frage: Wieso wurde überhaupt ein Gutachten in Auftrag gegeben, die rechtliche Situation hinsichtlich Studiengebühren zu überprüfen?

Antwort: Im September 2000 beschließen ÖVP und FPÖ die Wiedereinführung von Studiengebühren in Höhe von 363,36 Euro pro Semester. Acht Jahre später werden die Gebühren mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen kurz vor den Wahlen abgeschafft. Das Gesetz ist aber so lücken- und fehlerhaft, dass der Verfassungsgerichtshof es im Juli 2011 aufhebt. Die Koalition hat nun bis 28. Februar 2012 Zeit, ein neues Gesetz zu beschließen. Die SPÖ war bisher der Ansicht, wenn es zu keiner Einigung komme und die Regelung auslaufe, seien die Gebühren Geschichte. Das Gutachten Töchterles besagt aber nun das Gegenteil.

Frage: Was steht in dem Gutachten des Verfassungsjuristen Heinz Mayer, auf das sich Wissenschaftsminister Karheinz Töchterle (ÖVP) beruft?

Antwort: Das Rechtsgutachten von Mayer besagt, dass die Unis ab März 2012 im Rahmen ihrer Autonomie Beiträge in beliebiger Höhe einheben können, falls sich die Regierung bis dahin nicht auf eine Neuregelung einigt. Demnach sei alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist.

Frage: Gibt es Gutachten, die dem widersprechen?

Antwort: Sowohl die SPÖ als auch die ÖH haben angekündigt, eigene Gutachten in Auftrag zu geben. Einige Juristen haben sich bereits dem Mayer-Gutachten inhaltlich angeschlossen. Gänzlich anderer Ansicht ist der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts, der Studiengebühren "nur aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung" für zulässig hält.

Frage: Wer hat recht?

Antwort: Grundsätzlich ist ein Gutachten nicht viel mehr als die Meinung einzelner Juristen. Fakt ist: Einigen sich SPÖ und ÖVP nicht auf ein neues Gesetz, sind ab 1. März Studiengebühren nicht mehr gesetzlich verankert. Sie sind aber auch nicht ausdrücklich verboten.

Frage: Würden die Unis Gebühren selbstständig einheben?

Antwort: Die meisten Rektoren wollen sich auf ein Gutachten nicht verlassen, sie fordern Rechtssicherheit, also eine klare gesetzliche Regelung. Einzig Harald Kainz, der Rektor der TU Graz, würde aus derzeitiger Sicht jedenfalls Gebühren verlangen.

Frage: Was wäre die Rechtsgrundlage für die Einführung von Gebühren?

Antwort: Die Grundlage ist die Autonomie der Universitäten, die 2002 im Universitätsgesetz festgeschrieben wurde. Demnach können die Universitäten "im Rahmen der Gesetze" ihre eigenen Angelegenheiten in den Satzungen regeln. Gibt es ab 1. März kein neues Gesetz, wäre das dennoch ein rechtlicher Graubereich: Die Unis können Gebühren verlangen, diese sind allerdings nicht gesetzlich legitimiert. Es ist daher wahrscheinlich, dass sich Studenten oder die ÖH im Fall von Zahlungsverpflichtungen mit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wenden.

Frage: Können die Studierenden gegen die Gebühren klagen?

Antwort: Die Bescheide, mit denen die Gebühren erlassen werden, können von den betroffenen Studierenden angefochten werden. In letzter Instanz wird das Höchstgericht entscheiden, ob es der Ansicht Mayers folgt oder nicht. Die Prüfungszeit des Verfassungsgerichtshofs bis zur endgültigen Entscheidung dauert durchschnittlich neun Monate. Wenn der Gerichtshof die Bescheide aufhebt, müssten alle bis dahin gezahlten Studiengebühren wieder rückerstattet werden.

Frage: Würden Studiengebühren die finanzielle Not der Unis beseitigen?

Antwort: Wenn die Gebühren ähnlich hoch wie zuletzt ausfallen, würde das nur fünf Prozent des Gesamtbudgets der Unis ausmachen. Die ÖH befürchtet ein "race to the top": Einige Unis würden höhere Gebühren einheben als andere, woraufhin die Studierenden, denen das zu teuer wird, an die "billigeren" Unis flüchten. Dann wären auch diese gezwungen, ihre Gebühren zu erhöhen. (Saskia Jungnikl, Nikolai Moser, DER STANDARD, Printausgabe,